Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
a) Allgemeines
Rz. 241
Unter Enterbung versteht man den Ausschluss eines gesetzlichen Erben durch Verfügung von Todes wegen. Die Enterbung kann grundsätzlich durch ein sogenanntes Negativ-Testament (§ 1938 BGB) oder durch ein Positiv-Testament (§ 1937 BGB) erreicht werden.
Rz. 242
Ein negatives Testament beinhaltet den ausdrücklichen Erbausschluss gesetzlicher Erben mit der Folge, dass zwar grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge eintritt, die ausdrücklich Enterbten aber so behandelt werden, als wenn sie nicht vorhanden wären.
Rz. 243
Das positive Testament stellt dagegen lediglich eine konkludente Enterbung dar. Dadurch, dass bestimmte Personen als Erben eingesetzt werden und der volle Nachlass vergeben wird, bleibt kein Raum mehr für den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge. Die Enterbung gesetzlicher Erben ergibt sich in einem solchen Fall zwangsläufig. Die sogenannte positive Erbeinsetzung führt daher ohne ausdrückliche Enterbung zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge.
Beim positiven Testament besteht das Problem, ob bei Nichtigkeit der Erbeinsetzungen die enterbende Wirkung der Verfügung erhalten bleibt. Auch eine Erbeinsetzung und eine Enterbung gesetzlicher Erben können selbstständig nebeneinander stehen i.S.d. § 2085 BGB. Mehrere Verfügungen i.S.v. § 2085 BGB liegen insoweit jedoch nur vor, wenn es dem feststellbaren Willen des Erblassers entsprach, die gesetzlichen Erben unabhängig von der vorgenommenen Erbeinsetzung anderer Personen zu enterben. Die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung hat somit eine Unwirksamkeit der Enterbung der gesetzlichen Erben nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, dass diese Konsequenz auch dem Erblasserwillen entsprochen hätte. Während es bei einer Enterbung als nur zwangsläufige Folge der Erbeinsetzung gem. § 1937 BGB zusätzlicher Anhaltspunkte für einen entsprechenden Erblasserwillen bedarf, ist bei einer ausdrücklich angeordneten Enterbung gem. § 1938 BGB regelmäßig davon auszugehen, dass der Erblasser die gesetzliche Erbfolge auch dann abgelehnt hätte, wenn ihm die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung bewusst gewesen wäre.
Rz. 244
Die Enterbung eines gesetzlichen Erben erfolgt grundsätzlich nur in seiner Person und hindert das Eintrittsrecht seiner Abkömmlinge gemäß § 1924 Abs. 3 BGB nicht. Soll sich die Enterbung auch auf die Abkömmlinge erstrecken, dann sollte dies in der Verfügung ausdrücklich erklärt werden. Nicht enterbt werden kann der Fiskus.
Ein Ausschluss von der Erbfolge und mithin eine Enterbung liegt auch dann vor, wenn die betreffende Person nur als Ersatzerbe nach § 2096 BGB eingesetzt ist.
Will der Erblasser sichergehen, dass eine bestimmte Person nicht Erbe wird, dann bietet sich an, ihn ausdrücklich von der Erbfolge auszuschließen – andernfalls bestünde die Gefahr, dass der zunächst nicht Bedachte über eine Ersatzerbenregelung oder den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bei Ausschlagung doch noch Erbe wird. In der Regel soll hierbei auch der ganze Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen werden.
Rz. 245
Formulierungsbeispiel: Die Enterbung
Meinen Sohn (...) schließe ich mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge aus.
b) Die Einsetzung zum Nacherben
Rz. 246
Keine Enterbung ist die Einsetzung als Nacherbe nach § 2100 BGB. Der Nacherbe ist zwar rechtlich nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, wird aber beim Erbfall nicht sofort Erbe, sondern erst, nachdem zuvor ein anderer Erbe geworden ist, wobei er ggf. auch noch die Nachteile einer befreiten Vorerbschaft erleidet. Der Nacherbe wird insoweit gemäß § 2306 Abs. 2 BGB wie ein pflichtteilsberechtigter Vorerbe behandelt.
c) Die Erbeinsetzung auf den Pflichtteil
Rz. 247
Zu Schwierigkeiten kann in der Praxis die häufig in Laientestamenten enthaltene Formulierung führen, dass eine bestimmte Person nur ihren Pflichtteil erhält. Es stellt sich dann die Frage, ob eine solche Anordnung lediglich eine Feststellung, eine Enterbung, eine Erbeinsetzung in Höhe des Pflichtteils oder gar eine Vermächtniszuweisung in Höhe des Pflichtteilsbetrages ist.
Rz. 248
§ 2304 BGB enthält für diesen Fall eine Auslegungsregel dahingehend, dass die Zuwendung des Pflichtteils im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen sei. Es besteht dann aber noch die Möglichkeit, dass die Zuwendung des Pflichtteils als Vermächtnis angeordnet ist mit der Folge, dass der Bedachte den Pflichtteil durch letztwillige Verfügung und nicht kraft Gesetzes erhält. Der praktische Unterschied bestand bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts am 1.1.2010 im Wesentlichen darin, dass der Pflichtteilsanspruch nach drei Jahren, ein eventueller Vermächtnisanspruch aber erst nach 30 Jahren verjährte. Inzwisc...