Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
(a) Allgemeines
Rz. 202
Der Nießbrauch an Personengesellschaftsbeteiligungen ist eine Form des Nießbrauchs an einem Recht (§§ 1030, 1069 ff. BGB).
Wird der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil selbst und nicht am Vermögen der Gesellschaft bestellt, bedarf es hierzu der Zustimmung aller Gesellschafter (§§ 1069 Abs. 2, 719 BGB) oder der Zulassung im Gesellschaftsvertrag. Einen Verstoß gegen das Abspaltungsverbot sieht der BGH darin nicht, da nur die Ausübung einzelner Gesellschafterrechte geregelt wurde. Allerdings erlischt der Nießbrauch, wenn der Gesellschaftsanteil selbst durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in eine Hand untergeht. Der Nießbrauch kann und sollte wegen des Haftungsprivilegs der §§ 171, 172 HGB ins Handelsregister eingetragen werden.
Rz. 203
Schwierig ist die Beantwortung der Frage, welche Gesellschafterrechte dem Nießbraucher und welche dem Gesellschafter zustehen. Diese Frage muss insbesondere für das Gewinnbezugsrecht, das Stimmrecht und die sonstigen Mitwirkungsrechte entschieden werden.
Dem Nießbraucher steht der gesellschaftsvertraglich entnahmefähige Gewinn zu. Der stimmberechtigte Gesellschafter ist nicht verpflichtet, auf eine umfassende Gewinnausschüttung hinzuwirken; insbesondere kann er außerordentliche Erträge zur Stärkung des Eigenkapitals in der Gesellschaft thesaurieren (Kapitalkonto II. Rücklagenkonto). Da Einzelheiten strittig sind, empfiehlt sich eine detaillierte Regelung.
Rz. 204
Das Stimmrecht könnte für die Grundlagengeschäfte (z.B. Feststellung, Jahresabschluss/Gewinnverwendung) dem Gesellschafter und für die laufenden Geschäfte dem Nießbraucher zustehen. Eine Entscheidung des BGH zur WEG streitet aber dafür, das Stimmrecht allein dem Gesellschafter zuzuordnen.
Auch das Recht zur Geschäftsführung fällt nach h.M. an den Gesellschafter. Demgemäß gehen auch die Informations- und Kontrollrechte (§§ 118, 166 HGB, § 716 BGB) nicht auf den Nießbraucher über. Allerdings steht dem Nießbraucher ein eigenes Informationsrecht gegen die Gesellschaft aus § 242 BGB zu.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Da die Rechtsstellung des (dinglichen) Nießbrauchsberechtigten in vielerlei Hinsicht zweifelhaft ist, muss der Berater Regelungen vorschlagen, die auch umfassend als zulässig angesehen werden, soweit dem Gesellschafter nur ein Kernbereich an Mitwirkungsrechten verbleibt.
(b) Beschränkung des Nießbrauchs auf das Gewinnbezugsrecht
Rz. 205
Statt dem Nießbraucher ein Recht am Gesellschaftsanteil als solchem einzuräumen, käme die einfachere Variante in Betracht, dem Vermächtnisnehmer nur Rechte zum Gewinnbezug zuzuwenden. Da nach § 717 S. 2 BGB (der auch für oHG und KG anzuwenden ist) vermögensrechtliche Bezüge – insbesondere Gewinnanteile – und der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben übertragbar sind, kann daran auch das Nießbrauchsrecht gemäß § 1069 Abs. 1 BGB eingeräumt werden. Da dieser Aspekt in den meisten Fällen des Nießbrauchsrechts im Vordergrund stehen dürfte, erscheint es zweckmäßig, ein Nießbrauchsvermächtnis auf das Gewinnbezugsrecht zu beschränken, um den oben dargestellten Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.