Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 511
Der Erbvertrag hat, da er den Erblasser hinsichtlich seiner vertragsmäßigen Verfügungen gemäß § 2289 BGB bindet, eine Beschränkung der Testierfreiheit des Erblassers zur Folge. Der Vertragsserbe wird ohne weiteres Zutun nach dem Erbfall Rechtsnachfolger des Erblassers; hieran ist der Erblasser gebunden. § 2289 BGB hat insofern eine zentrale Bedeutung im Recht des Erbvertrags. Nach dieser Vorschrift richten sich die Wirkungen der Errichtung eines Erbvertrags im Verhältnis zu anderen Verfügungen von Todes wegen.
Rz. 512
Von der Vertragsmäßigkeit einer angeordneten letztwilligen Verfügung zu unterscheiden ist die Frage der Abhängigkeit mehrerer Verfügungen voneinander. Verknüpft in diesem Sinne können Verfügungen von Todes wegen nur sein, wenn mindestens zwei Personen als Erblasser handeln und die Verfügung des einen mit der des anderen steht und fällt, § 2298 BGB.
Rz. 513
Die Nichtigkeit einer vertragsmäßigen Verfügung führt nach § 2298 Abs. 1 BGB dann zur Unwirksamkeit des ganzen Erbvertrags, wenn in ihm von beiden Teilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen worden sind. Von dieser gegenseitigen Abhängigkeit (Wirksamkeitsverknüpfung) nach § 2298 Abs. 1 BGB ist immer auszugehen, wenn nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, § 2298 Abs. 3 BGB. Damit wird dem Interesse beider Vertragserblasser Rechnung getragen, da regelmäßig keiner seine Verfügung ohne die Verfügung des anderen getroffen haben würde.
Im Gegensatz dazu führt die Nichtigkeit einer lediglich vertragsmäßigen Verfügung (die nicht auch verknüpft ist) nur dann zur Unwirksamkeit einer nicht vertragsmäßigen Verfügung, wenn im Rahmen von § 2085 BGB anzunehmen ist, dass der Erblasser diese Verfügung ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen hätte.
Im Erbvertrag enthaltene einseitige Verfügungen können dann jedoch regelmäßig als Testament aufrechterhalten werden (§§ 140, 2299 BGB).
Rz. 514
Ein bestehendes Testament wird durch den später abgeschlossenen Erbvertrag aufgehoben, soweit dadurch das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigt wird, § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB (Aufhebungswirkung).
Rz. 515
Ein Erbvertrag, der zwischen denselben Personen geschlossen worden war, wird unwirksam, soweit er dem zweiten widerspricht; es gilt der letzte. Damit wird im zweiten Erbvertrag eine ganze oder teilweise einverständliche Vertragsaufhebung nach § 2290 BGB gesehen.
Hinweis
Wegen dieser weitreichenden Rechtswirkung eines Erbvertrags muss vor dessen Beurkundung sehr sorgfältig recherchiert werden, ob der Erblasser bereits einen Erbvertrag oder ein Testament errichtet hat.
Rz. 516
Sowohl ein späteres Testament als auch ein späterer Erbvertrag sind insoweit absolut unwirksam, als die Rechtsstellung des vertragsmäßig Bedachten im Zeitpunkt des Erbfalls beeinträchtigt wird, § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB.