Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 531
Die Zustimmung des vertraglich eingesetzten Erben zu einer späteren Verfügung von Todes wegen gibt dem Erblasser seine Testierfreiheit nicht wieder zurück. Anderes gilt bei notarieller Beurkundung einer Aufhebung des Erbvertrags, §§ 2290 Abs. 4, 2276 BGB oder für Ehegatten beim gemeinschaftlichen Testament, § 2291 BGB (siehe oben Rdn 527 ff.). In der Praxis wird zumeist ein Zuwendungsverzicht zwischen Erblasser und Bedachtem vereinbart, § 2352 BGB, der ebenfalls die Testierfreiheit des Erblassers wiederherstellt.
Rz. 532
Für ein vertragsmäßig angeordnetes Vermächtnis, eine Auflage oder eine Rechtswahl sieht das Gesetz jedoch ausdrücklich die Möglichkeit einer anderweitigen Verfügung nach vorausgegangener Zustimmung des Bedachten in § 2291 BGB vor. Für die Zustimmungserklärung ist notarielle Beurkundung erforderlich, § 2291 Abs. 2 BGB.
Allerdings kann ggf. demjenigen, der unwirksam zugestimmt hat, ein Verstoß gegen Treu und Glauben entgegengehalten werden ("venire contra factum proprium").
Rz. 533
Der vertragsmäßig Bedachte (nicht jedoch dessen Erben) kann demgemäß gegenüber dem Erblasser und damit nur bis zu dessen Tod seine Zustimmung dazu geben, dass der Erblasser ein abweichendes Testament errichten kann. Nur die Zustimmungserklärung, nicht jedoch das Testament, bedarf der notariellen Beurkundung, § 2291 Abs. 2 BGB, weil darin eine (zumindest teilweise) Aufhebung des Erbvertrags liegt. Mit Zugang der Zustimmung an den Erblasser wird sie unwiderruflich, § 2291 Abs. 2 BGB. Die Zustimmung kann entweder vor der Errichtung des Aufhebungstestaments erklärt werden oder danach. Sie kann auch schon im Erbvertrag selbst enthalten sein. Allerdings bestehen in einem solchen Fall Zweifel, ob dann überhaupt eine vertragsmäßige Anordnung vorliegt.
Rz. 534
Formulierungsbeispiel: Zustimmung des Vermächtnisnehmers zu Aufhebungstestament
Notarielle Urkundenformalien
Es erscheint Herr (...), persönlich bekannt und zweifelsfrei geschäftsfähig.
Er gibt folgende Zustimmungserklärung ab:
In der Urkunde des Notars (...) in (...) – UR-Nr. (...) – habe ich mit Herrn (...) einen Erbvertrag geschlossen. Nach Ziff. (...) hat mir Herr (...) für den Fall seines Todes ein Vermächtnis folgenden Inhalts zugewandt: (...).
Hiermit erkläre ich meine Zustimmung dazu, dass diese Vermächtnisanordnung ganz oder teilweise aufgehoben wird. Mir ist bekannt, dass diese Zustimmungserklärung mit Zugang bei Herrn (...) unwiderruflich ist.
Ich bitte um Erteilung von zwei Ausfertigungen dieser Urkunde, von denen ich eine Herrn (...) übergeben werde.
Diese Niederschrift wurde vom Notar dem Anwesenden vorgelesen, von ihm genehmigt und wie folgt eigenhändig unterschrieben:
(...)
Rz. 535
Formulierungsbeispiel: Aufhebungstestament nach Zustimmung durch den Vermächtnisnehmer
Ich, (...), geboren am (...) in (...), wohnhaft in (...), errichte folgendes
Testament:
Am (...) habe ich in der Urkunde des Notars (...) in (...) unter UR-Nr. (...) mit Herrn (...) einen Erbvertrag geschlossen und ihm in Ziff. (...) der Urkunde auf meinen Tod folgendes Vermächtnis zugewandt: (...)
Herr (...) hat in der Urkunde des Notars (...) in (...) unter UR-Nr. (...) seine Zustimmung zur ganzen oder teilweisen Aufhebung dieses Vermächtnisses erklärt. Von dieser Zustimmungserklärung, die mir in Ausfertigung zugegangen ist, habe ich Kenntnis genommen.
Hiermit hebe ich die oben näher bezeichnete, zugunsten von Herrn (...) getroffene Vermächtnisanordnung ihrem gesamten Inhalt nach auf.
(...)
Ort, Datum, Unterschrift