Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 522
Ungeklärt sind die Frage der Reichweite eines solchen Änderungsvorbehalts und die Frage, welchen Inhalt er haben kann, insbesondere, ob jegliche Änderung einer vertragsmäßig getroffenen Verfügung zulässig ist. Dabei ist entscheidend, dass der Erbvertrag als besondere Einrichtung des Vertragsrechts zumindest einer (!) vertraglich bindenden Regelung bedarf, weil andernfalls das essentielle Charakteristikum eines Vertrages, nämlich seine Bindung, beseitigt würde. Deshalb wird ein Änderungsvorbehalt nur dann für zulässig gehalten, wenn beim Erblasser noch eine gewisse vertragliche Bindung bestehen bleibt.
Rz. 523
Der Erblasser kann sich im Erbvertrag das Recht vorbehalten, in einem vorgegebenen Rahmen über seinen Nachlass einseitig und anders als zunächst im Vertrag vorgesehen zu verfügen. Es unterliegt dem Willen der Vertragspartner, den Umfang der Bindung zu bestimmen. Der Vorbehalt bedarf der Form (§ 2276 BGB), nicht jedoch die Ausübung des Vorbehaltes – § 2296 Abs. 2 BGB gilt nicht.
Rz. 524
Ein sogenannter Totalvorbehalt ist unzulässig. Es muss zumindest eine vertragsmäßige Bindung erhalten bleiben. In der beratenden Praxis muss deshalb streng darauf geachtet werden, dass wenigstens eine einzige vertragsmäßige Verfügung im Erbvertrag nicht vom Änderungsvorbehalt erfasst wird. So hat der BGH einen Vorbehalt, die Schlusserbeneinsetzung jederzeit abändern zu können, als zulässig erachtet, weil daneben noch eine vorbehaltlose gegenseitige Erbeinsetzung der Vertragschließenden im Erbvertrag enthalten war.
Rz. 525
Ausreichend ist es aber auch, wenn die zulässige Änderung inhaltlich beschränkt ist oder nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt wird. Das gilt noch dann, wenn es sich um die einzige vertragsmäßige Verfügung von Todes wegen handelt. Ändernde Verfügungen müssen sich dann allerdings im Rahmen des Vorbehaltes bewegen und darin drückt sich die Bindung aus. Der Bedachte wird nicht beeinträchtigt, denn er ist nur unter Vorbehalt berufen. Der Vorbehalt selbst muss aber eindeutig bestimmt sein.
Rz. 526
Ein unwirksamer Vorbehalt führt regelmäßig dazu, dass einseitige Testamente vorliegen.
Die Rechtsprechung legt Änderungsklauseln regelmäßig eng aus. Zulässig ist die Berechtigung des überlebenden Ehegatten, die für den zweiten Erbfall getroffenen Bestimmungen bei Eintritt bestimmter sachlicher Voraussetzungen (z.B. das Verhalten der Kinder gibt nach Ermessen des Überlebenden Veranlassung hierzu) zu modifizieren, Erbquoten anzupassen, soweit damit keine völlige Enterbung ermöglicht wird, Vermächtnisse oder Auflagen nachträglich anzuordnen oder auch eine Testamentsvollstreckung.