Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 231
Die Zuwendung eines Vermächtnisses auf Einräumung eines dinglichen Wohnungsrechts (§ 1093 BGB) dient der Absicherung des Vermächtnisnehmers im Hinblick auf das elementare Grundbedürfnis des Wohnens. Dem Ehegatten, dem eingetragenen Lebenspartner, dem nichtehelichen Lebenspartner soll bspw. das Wohnen in der bisherigen Wohnung nach dem Tod eines Partners sichergestellt werden, ohne dass auch das Eigentum an der Wohnung an den Partner übergeht. Auch für Eltern oder Geschwister des Erblassers kommt das Wohnungsrechtsvermächtnis in Betracht. Dabei ist entscheidend, dass die dingliche Rechtsposition eines Wohnungsrechts als Unterfall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mehr Sicherheit bietet als die Gewährung eines Mietverhältnisses. Es beinhaltet eine dingliche Rechtsposition, für die die Kündigungs- und Mietpreisvorschriften nicht gelten.
Rz. 232
Bei dem durch Vermächtnis zugewandten Wohnungsrecht besteht zum einen die Möglichkeit, ein dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) zu vereinbaren, andererseits kann ein Wohnrecht aber auch schuldrechtlich vereinbart (genau: Wohnungsleihe, §§ 598 ff. BGB) und durch Wohnungsreallast (§ 1105 BGB) – auch am Miteigentumsanteil – gesichert werden. Das Vermächtnis dinglicher Wohnungsrechte nach § 1093 BGB bzw. als Wohnungsreallast bietet, da diese Rechte grundsätzlich unveräußerlich und nicht vererbbar sind, die Möglichkeit, einer Generation die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks zuzuwenden und gleichzeitig der nächsten den Erhalt seiner Substanz zu gewährleisten. Das dingliche Wohnungsrecht nach § 1093 BGB hat den Vorteil, dass dadurch zwischen den Beteiligten ein eingehendes und ausgewogenes gesetzliches Schuldverhältnis begründet wird, das zumeist ohne Abänderung übernommen werden kann.
Rz. 233
Der Nachteil eines dinglichen Wohnungsrechts ist, dass das Wohnungsrecht bei Zerstörung des Gebäudes erlischt. Den Eigentümer trifft insoweit auch keine Wiederaufbaupflicht bzw. Wiedereinräumungspflicht, falls er sich hierzu nicht bei der Bestellung schuldrechtlich verpflichtet hat bzw. sie ihm nach Landesrecht auferlegt wurde.
Rz. 234
Insofern erscheint es sinnvoll, ergänzend zum Wohnungsrecht aufschiebend bedingt auf dessen Erlöschen als Vermächtnis eine Wohnungsreallast einzuräumen, die den Eigentümer nur allgemein zur Wohnungsgewährung verpflichtet. Da die Wohnungsgewährung nicht vom Bestand des Gebäudes abhängig ist, bleibt sie bestehen, wenn das Gebäude oder ein Gebäudeteil zerstört wird. Art und Umfang der Wohnung müssen aber bestimmbar sein, z.B. durch Bezugnahme auf das Wohnungsrecht.
Rz. 235
Der Nachteil der Wohnungsreallast besteht in deren Pfändbarkeit, wohingegen beim dinglichen Wohnungsrecht nach § 1093 BGB eine Pfändung oder Überleitung auf den Sozialhilfeträger nur dann erfolgen kann, wenn die Befugnis zu seiner Ausübung durch andere ausdrücklich gestattet ist (§ 1092 Abs. 1 S. 2 BGB). Statt des den Eigentümer an den belasteten Räumen verdrängende Wohnungsrechts kann auch lediglich ein Mitbenutzungsrecht als beschränkt persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB) vermacht werden. Das macht vor allem Sinn, wenn der mit dem Vermächtnis belastete Erbe ebenfalls im Haus lebt und eine Trennung der Wohnungsbereiche sinnvoll kaum möglich erscheint.
Rz. 236
Der Wohnungsberechtigte hat grundsätzlich für die Erhaltung der Wohnung zu sorgen und trägt die laufenden Kosten. Der Eigentümer kann aber gemäß § 1021 BGB mit dinglicher Wirkung verpflichtet werden, die Wohnung instand zu halten, als auch die Kosten für Heizung, Strom, Wasser und Gas zu tragen.
Rz. 237
Im Falle eines dinglichen Wohnungsrechts trägt der Grundstückseigentümer im Gegensatz zum Nießbrauch die öffentlichen und privaten Lasten des Grundstücks allein (kein Verweis des § 1093 Abs. 1 S. 2 BGB auf den § 1047 BGB).
Der Wohnungsberechtigte kann Familienangehörige in die Wohnung aufnehmen, § 1093 Abs. 2 BGB. Dazu gehört auch der eingetragene Lebenspartner, § 11 Abs. 1 LPartG.
Rz. 238
Formulierungsbeispiel: Wohnungsrechtsvermächtnis zugunsten der Lebensgefährtin
Testament
Ich, (...), geboren am (...) in (...), wohnhaft in (...), verwitwet, deutscher Staatsangehöriger, errichte nachfolgendes Testament.
(...)
Wohnungsrechtsvermächtnis
Meine Lebensgefährtin (...), geb. am (...) in (...), wohnhaft in (...), erhält im Wege des Vermächtnisses ein lebenslanges, durch andere Personen nicht ausübbares dingliches Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) an der Erdgeschosswohnung meines Hauses in (...), (...) Straße (...), eingetragen im Grundbuch von (...) Band, (...) Bl. Nr. (...). Das Wohnungsrecht umfasst auch die alleinige Benutzung des Kellerraumes im Untergeschoss am Ende des Kellerflures rechts gelegen. Es berechtigt zur Mitbenutzung aller dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Hausbewohner dienenden Einrichtungen und Anlagen, insbesondere des Waschmaschinenraumes, des Trockenraumes, des Gartens und aller Zugänge. Dem Wohnungsrecht dürfen in Abt. III des Grundbuchs Grundpfandrechte bis zur H...