Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 667
Soll dem Beauftragten eine Vollmacht erteilt werden, so ist sowohl eine Vollmacht über den Tod hinaus (transmortale Vollmacht) als auch eine solche auf den Todesfall (postmortale Vollmacht) zulässig. In den §§ 168, 172 BGB wird lediglich die Fortgeltung einer bereits vor dem Tod des Vollmachtgebers bestehenden Vollmacht angesprochen. Grundsätzlich ist aber auch eine Vollmacht auf den Todesfall zulässig. Eine solche stellt trotz einiger Bedenken keine Gefahr der Umgehung der Bestimmungen über die Testamentsvollstreckung dar. Grundsätzlich endet die Vollmacht mit dem Grundverhältnis gemäß § 168 S. 1 BGB. Bei Fortbestehen des der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses kann die Vollmacht jedenfalls widerrufen werden, sofern sich aus dem Rechtsverhältnis selbst nichts anderes ergibt.
Rz. 668
Auch wenn durch den Tod des Erblassers grundsätzlich weder die Vollmacht selbst (§ 168 BGB) noch das zugrunde liegende Kausalverhältnis (§§ 672, 675 BGB) erlischt, ist es unbedingt ratsam, den Fortbestand der Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers ausdrücklich anzuordnen. Dies verdeutlicht eine Entscheidung des OLG München, wonach sich die Frage, ob eine Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig bleibt, nach einer Auslegung des Auftragsverhältnisses richte und bei einer Vorsorgevollmacht regelmäßig von einem Erlöschen auszugehen sei. In diesem Zusammenhang ist ferner zu beachten, dass nach einer (in der Literatur kritisierten) Entscheidung des OLG Hamm eine Vollmacht erlösche, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird.
Rz. 669
Grundsätzlich bedarf die Vollmacht wegen § 167 Abs. 2 BGB nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Die Erteilung einer Vollmacht ist daher grundsätzlich formfrei möglich.
Aus Gründen der Beweissicherheit sowie einer erhöhten Akzeptanz im Rechtverkehr ist jedoch zumindest eine schriftliche Erteilung der Vollmacht und besser noch eine zusätzliche Unterschriftsbeglaubigung bzw. die notarielle Beurkundung der Vollmachtsurkunde zu empfehlen.
Für eine Veräußerung bzw. den Erwerb von Grundbesitz ist zudem § 29 GBO zu beachten, wonach die für eine Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen sind. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Formfreiheit besteht zudem dann, wenn die Vollmachtserteilung einer bindenden Verpflichtung zur Übertragung bzw. zum Erwerb des Eigentums an einem Grundstück gleichkommt, was zu vermuten ist, wenn die Vollmacht unwiderruflich ist; dann muss sie notariell beurkundet sein. Dasselbe gilt, wenn die Vollmacht Teil eines einheitlichen formbedürftigen Rechtsgeschäfts ist.
Schließlich können sich besondere Formerfordernisse auch aus anderen Vorschriften, wie z.B. aus solchen des Handelsrechts (vgl. nur § 54 Abs. 2 HGB), ergeben.
Rz. 670
Schwierigkeiten bestehen in der Praxis bei der Auswahl des Bevollmächtigten. Hier ist darauf zu achten, dass der Bevollmächtigte eine Vertrauensperson ist und dass nicht nur das Außenverhältnis, sondern auch das zugrunde liegende Innenverhältnis (i.d.R. ein Auftragsverhältnis) sorgfältig zu regeln ist, da es ansonsten schnell zu Streit unter den Angehörigen kommt und zudem eine erhebliche Missbrauchsgefahr besteht.
Rz. 671
Der Nachteil der Vollmacht ist, dass sie seitens der Erben, und zwar von jedem einzelnen, jederzeit widerrufen werden kann. So hat jeder Miterbe mit Wirkung für sich das Recht, die Vollmacht zu widerrufen, ebenso der Nachlassverwalter, der Nachlasspfleger und der Testamentsvollstrecker, sofern ihm diese Befugnis nicht entzogen ist.
Rz. 672
Ein Schutz des Bevollmächtigten gegen den Widerruf durch die Erben kann beispielsweise durch eine Strafklausel in einer letztwilligen Verfügung erreicht werden. So kann ein aufschiebend bedingtes Vermächtnis für den Fall, dass der Erbe die Vollmacht widerruft, seitens des Erblassers ausgesetzt werden.
Rz. 673
Der Umfang der Vertretungsmacht richtet sich nach den Anordnungen des Erblassers. Problematisch und immer wieder streitig sind die Fälle, in denen durch eine postmortale Vollmacht eine Schenkung zu Lasten des Nachlasses vollzogen wird. Kritisch ist insbesondere der Bereich, in dem der Erblasser zu Lebzeiten ein Schenkungsversprechen getätigt hat und der Bevollmächtigte nach dem Tod des Erblassers die Schenkung vollzieht, so dass eine Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB eintritt.
Rz. 674
Der BGH hat hierzu entschieden, dass für den Fall der Vornahme einer Schenkung unter Lebenden tatsächlich eine Heilung gemäß § 518 Abs. 2 BGB eintreten kann. Liegt dagegen ein Schenkungsversprechen von Todes wegen vor, so verneint der BGH den Schenkungsvollzug im Sinne des § 2301 Abs. 2 BGB, wenn das Schenkungsversprechen auftragsgemäß nach dem Tod des Schenkers vollzogen werden soll.