Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 226
Im rein inländischen Kapitalgesellschaftskonzern bietet die Organschaft i.S.d. §§ 14 ff. KStG (i.V.m. § 2 Abs. 2 GewStG) die Möglichkeit, Gewinne der einen Gesellschaft mit Verlusten der anderen zu verrechnen. Das schafft vor allem einen erheblichen Liquiditätsvorteil.
Rz. 227
Beispiel: Die A-GmbH hält sämtliche Geschäftsanteile an der B-GmbH. Zwischen der A-GmbH als Organträgerin und der B-GmbH besteht ein auf mindestens fünf Jahre abgeschlossener Ergebnisabführungsvertrag. Die A-GmbH hat aufgrund eines Gewinns ein positives Einkommen i.H.v. 2 Mio. EUR, während die B-GmbH aufgrund eines Verlustes ein negatives Einkommen i.H.v. 3 Mio. EUR hat. Die Gewerbeerträge haben die gleiche Höhe.
Zwischen der A-GmbH und der B-GmbH besteht eine körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft. Das Einkommen der Organgesellschaft B-GmbH wird der Organträgerin A-GmbH zugerechnet, so dass die B-GmbH keine Körperschaft- und Gewerbesteuer zu zahlen hat. Auf Ebene der A-GmbH wird deren positives Einkommen (positiver Gewerbeertrag) mit dem negativen Einkommen (negativen Gewerbeertrag) der B-GmbH verrechnet. Da der Verlust der B-GmbH höher als der Gewinn der A-GmbH war, zahlt die A-GmbH in diesem Fall keine Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer. Sie hat vielmehr i.H.v. jeweils 1 Mio. EUR einen körperschaft- und gewerbesteuerlichen Verlustvortrag. Dieser wird auf die folgenden Veranlagungszeiträume vorgetragen.
Rz. 228
Ebenso wird ein Gewinn der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet und auf dessen Ebene versteuert bzw. mit Verlusten verrechnet. Sollte der Verlust der einen Gesellschaft niedriger als der Gewinn der anderen Gesellschaft sein, hätte der Organträger den positiven Saldo aus beiden zu versteuern.
Rz. 229
Ohne die Organschaft hätte die A-GmbH ihren Gewinn i.H.v. 2 Mio. EUR versteuern müssen und damit in Höhe der Steuer einen Liquiditätsabfluss erlitten. Die B-GmbH hätte den Verlust i.H.v. 3 Mio. EUR auf die folgenden Jahre vortragen können und diesen im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung nach § 10d EStG bzw. § 10a GewStG mit künftigen Gewinnen verrechnen können.
Rz. 230
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine solche Organschaft auch zwischen einer im Inland ansässigen GmbH und ihren ausländischen Tochterkapitalgesellschaften denkbar ist, um eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung zu erreichen. Aber auch ohne eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung erreichen zu wollen, kann sich die Frage stellen, ob in bestimmten Konstellationen eine Organschaft begründet werden können muss, auch wenn die beteiligten Rechtsträger nicht die in den §§ 14 ff. KStG vorgesehenen (mittlerweile gelockerten) Inlandsbezüge aufweisen.