Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 231
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG kommen als Organgesellschaften nur Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens in Betracht. Die GmbH kann unter den Voraussetzungen des § 17 KStG Organgesellschaft sein. Der bislang geforderte doppelte Inlandsbezug – Geschäftsleitung (§ 10 AO) und Sitz (§ 11 AO) mussten im Inland liegen – wurde durch das UntStG 2013 mit Wirkung für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle aufgegeben, so dass es nunmehr ausreicht, wenn eine nach dem Recht eines anderen EU-/EWR-Mitgliedstaates gegründete Gesellschaft ihre Geschäftsleitung im Inland hat.
aa) Ausländische Gesellschaft als Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG
Rz. 232
Kapitalgesellschaften sind die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG erwähnten Europäischen Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die weiteren in § 1 Abs. 1 KStG erwähnten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen können danach keine Organgesellschaften sein.
Rz. 233
Eine nach ausländischem Recht eines EU/EWR-Mitgliedstaates gegründete Gesellschaft, die einer nach inländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, ist als Körperschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG zu qualifizieren. Damit sind diese Gesellschaften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie Geschäftsleitung oder Sitz im Inland haben. Allerdings ist bisher noch nicht geklärt, ob sie das als Kapitalgesellschaft gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG einerseits oder lediglich als sonstige juristische Person i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG oder nichtrechtsfähiger Verein, Anstalt, Stiftung oder sonstiges Zweckvermögen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 3 Abs. 1 KStG, die nicht Organgesellschaften sein können, andererseits sind. Insoweit bietet auch das BMF-Schreiben vom 19.3.2004 keinen Aufschluss. Der BFH hat insoweit bisher regelmäßig § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 3 Abs. 1 KStG auf solche Körperschaften angewendet, weil Gesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland und Verwaltungssitz im Inland nach der in Deutschland geltenden Sitztheorie die Rechtsfähigkeit fehle.
Rz. 234
Demgegenüber hat die Verlegung von Geschäftsleitung (und/oder Sitz) der nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaft aus dem Ausland in das Inland im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung – insbesondere des EuGH – auch vor dem Hintergrund der nach deutschem Zivilrecht geltenden Sitztheorie nicht mehr die Auflösung der ausländischen Gesellschaft zur Folge, sofern der ausländische Staat – was regelmäßig der Fall sein dürfte – keine Auflösung aufgrund des Wegzugs anordnet. Vielmehr behält diese Gesellschaft die ihr von dem ausländischen Staat verliehene Rechtsfähigkeit. Für Zuzüge aus der EU hat dies der EuGH in seiner Entscheidung in der Rechtssache Vale klargestellt. Die Rechtsprechung deutscher Zivilgerichte folgt dem mittlerweile.
Rz. 235
Grundsätzlich ist danach eine ausländische Gesellschaft, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist, auch als Kapitalgesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG zu qualifizieren, so dass sie als Organgesellschaft in Betracht kommt.