Rz. 28

Gewinnausschüttungen (nicht aus Liquidation) einer Tochtergesellschaft an ihre im anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft (bzw. an deren Betriebsstätte).
Beide Gesellschaften weisen eine im Anhang zur Richtlinie genannte Rechtsform auf und
unterliegen der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat (gem. Art. 2b und 2c der Richtlinie).
Mindestbeteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft von 10 %.[39]
 

Rz. 29

Günstigere DBA-rechtliche Regelungen werden gem. Art. 7 Abs. 2 von der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht berührt und bleiben damit weiterhin anwendbar.

[39] Bis 31.12.2004: 25 %ige Beteiligung erforderlich. Nach Art. 1 Nr. 3a der Änderungsrichtlinie (2003/123/EG) wurde die erforderliche Mindestbeteiligung zum 1.1.2007 auf 15 % und zum 1.1.2009 auf 10 % gesenkt.

aa) Umsetzung der Richtlinie

 

Rz. 30

Die Mutter-Tochter-Richtlinie musste bis spätestens 1.1.1992 in allen Mitgliedstaaten der Union in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland ist dies durch § 8b KStG und § 43b EStG sowie § 50d Abs. 3 EStG geschehen.

bb) Folgen nicht fristgerechter/unvollständiger Umsetzung der Richtlinie

 

Rz. 31

Soweit die Richtlinie in den Mitgliedstaaten nicht fristgerecht oder nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt wird oder umgesetzt worden ist, stellte sich die Frage nach der direkten Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie. Die Rechtsprechung hat für die Mutter-Tochter-Richtlinie bestätigt, dass diese bezüglich der Regelungen, die hinreichend klar und präzise sind und keinen weiteren Ermessenspielraum für den Gesetzgeber zulassen, unmittelbare Wirkung entfaltet. Eine Gesellschaft kann sich insoweit direkt auf die Mutter-Tochter-Richtlinie berufen, wenn das jeweilige nationale Recht davon abweichende Regelungen enthält. Bezogen auf das deutsche Recht hat der EuGH in den verbundenen Rechtssachen Denkavit/VITIC/Voormeer[40] die fehlerhafte Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie durch § 44d Abs. 2 EStG a.F. festgestellt und die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie anerkannt.

[40] EuGH, Urt. v. 17.10.1996, Rs. C-283/94, C-291/94 und C-292/94 (Denkavit/VITIC/Voormeer), Slg. 1996, I-5085.

cc) Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen

(1) Gewinnausschüttungen

 

Rz. 32

Gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie begünstigt die Richtlinie Gewinne, die nicht anlässlich der Liquidation von einer Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft ausgeschüttet werden. Ebenfalls begünstigt sind Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaft an eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte der Muttergesellschaft. Der Richtliniengeber hat allerdings nicht klar definiert, was unter dem Begriff "Gewinnausschüttung" bzw. "Gewinn" zu verstehen ist. Die h.M. geht davon aus, dass die Begriffe weit auszulegen sind und damit nicht nur offene Gewinnausschüttungen, sondern jede Art von Gewinnausschüttung, "gleichgültig in welcher Form und unter welchem Namen sie geleistet werden",[41] darunter fallen. Somit auch verdeckte Gewinnausschüttungen.

[41] Kessler, IStR 2004, 814.

(2) Begünstigte Unternehmensform

 

Rz. 33

Am 22.12.2003 wurde vom Rat eine Änderung der Mutter-Tochter-Richtlinie[42] verabschiedet, die u.a. zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie geführt hat. Danach fallen in den Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie nunmehr nicht nur körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, sondern gem. Anhang zu Art. 2 Abs. 1a der Richtlinie auch andere nach dem jeweiligen Recht des EU-Mitgliedstaates gegründete Gesellschaften, die dort der Körperschaftsteuer unterliegen. Des Weiteren sind auch Gewinnausschüttungen an Betriebsstätten von dem Anwendungsbereich umfasst. Mit der Aufnahme der Betriebsstätten und der Darstellung der Betriebsstättenbesteuerung in Abs. 8 der Präambel zur Änderungsrichtlinie wird die Ungleichbehandlung von Betriebsstätten im Vergleich zu Tochtergesellschaften ausgeräumt.[43]

[42] Richtlinie 2003/123/EG. Die Änderung geht auf den Änderungsvorschlag der Kommission v. 8.9.2003 (IP/03/1214) zurück.
[43] Vgl. EuGH, Urt. v. 21.9.1999, Rs. C-307/97 (Compagnie de Saint-Gobain), Slg. 1999, I-6161.

(3) Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat

 

Rz. 34

Mutter- und Tochtergesellschaft müssen in ihrem jeweiligen Ansässigkeitsstaat der Körperschaftsteuer oder einer vergleichbaren Steuer unterliegen, ohne Möglichkeit einer Option und ohne von der Steuer befreit zu sein (vgl. Art. 2 lit. a iii) i.V.m. Anhang 1 Teil B der Richtlinie).

(4) Mindestbeteiligungsquote

 

Rz. 35

Weitere Voraussetzung ist, dass die Muttergesellschaft eine mindestens 10 %ige Beteiligung[44] an der ausschüttenden Gesellschaft im anderen Mitgliedstaat hält.

[44] Bis 31.12.2004: 25 %ige Beteiligung erforderlich. Nach Art. 1 Nr. 3a der Änderungsrichtlinie (2003/123/EG) wurde die erforderliche Mindestbeteiligung zum 1.1.2007 auf 15 % und zum 1.1.2009 auf 10 % gesenkt.

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