Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 207
Hält ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Anteile an einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft, stellt sich die Frage nach der Besteuerung der Einkünfte des Anteilseigners aus einer solchen Gesellschaft. Dabei ist zunächst danach zu differenzieren, ob eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft die Anteile hält.
1. (Verdeckte) Gewinnausschüttungen einer ausländischen Kapitalgesellschaft (einschließlich Gesellschafter-Fremdfinanzierung)
Rz. 208
Ist Empfänger von Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem Ausland eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person, so gilt abweichend vom regelmäßigen Einkommensteuersatz seit dem Veranlagungszeitraum 2009 nach § 32d EStG grundsätzlich ein besonderer Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 25 % (zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) auf die Bruttodividende. Werbungskosten dürfen, abgesehen vom Sparer-Pauschbetrag, nicht berücksichtigt werden (§ 20 Abs. 9 EStG). Damit ist die Einkommensteuer auf die Dividenden grundsätzlich abgegolten. § 32d Abs. 5 EStG regelt darüber hinaus ein besonderes Anrechnungsverfahren für die bei Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften einbehaltene ausländische Quellensteuer. Abweichend von der Abgeltungssteuer kann eine Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) jedoch zu einer niedrigeren Steuerbelastung nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen führen, wenn der persönliche Einkommensteuersatz unter 25 % liegt. Das kann insbesondere bei Anwendung des sog. Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 EStG) der Fall sein, nach dem die Einnahmen zu 40 % steuerfrei sind. Es bleibt jedoch dabei, dass die Werbungskosten nicht abgezogen werden dürfen. Weitere Ausnahmen bestehen auf Antrag bei einer sog. unternehmerischen Beteiligung (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Eine solche liegt vor, wenn der Anteilseigner zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (Buchst. a) oder nur zu mindestens 1 % beteiligt ist, aber beruflich für die Kapitalgesellschaft tätig ist. Auch in diesen Fällen gilt das Teileinkünfteverfahren, jedoch mit der Besonderheit, dass auch die Betriebsausgaben entsprechend teilweise zu berücksichtigen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG).
Rz. 209
Die Abgeltungssteuer ist von vornherein nicht anzuwenden, wenn die Anteile an der ausländischen Kapitalgesellschaft im Betriebsvermögen gehalten werden, weil die Dividenden dann zu den Einkünften aus Betriebsvermögen gehören (§ 32d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 8 EStG). Auf diese findet dann das sog. Teileinkünfteverfahren Anwendung, wonach gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Einnahmen zu 40 % steuerfrei sind.
Rz. 210
Ist Empfängerin der Ausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, so sind die Gewinnausschüttungen grundsätzlich in voller Höhe gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Allerdings werden 5 % der Gewinnausschüttung gem. § 8b Abs. 5 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgabe behandelt, während im Übrigen alle Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig sind. Daraus ergibt sich schließlich eine 95 %ige Steuerbefreiung. Mit dem EuGHDivUmsG vom 21.3.2013 hat der Gesetzgeber die Steuerfreiheit von Dividenden allerdings auf Beteiligungen von mindestens 10 % am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Gesellschaft beschränkt. Bezüge aus Beteiligungen, die diese Grenze nicht erreichen, sind beim Empfänger voll steuerpflichtig (sog. Streubesitzdividenden), § 8b Abs. 4 KStG. Für Zwecke der Gewerbesteuer greift das Schachtelprivileg grundsätzlich ab einer Beteiligungshöhe von 15 % zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Ausschüttung ein (§ 8 Nr. 5 i.V.m. § 9 Nr. 7 GewStG).
Rz. 211
Mit dem AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 hat der Gesetzgeber das zuvor nur für verdeckte Gewinnausschüttungen geltende Korrespondenzprinzip auch auf offene Gewinnausschüttungen ausgedehnt. Das körperschaftsteuerliche Schachtelprivileg wird demnach nur dann gewährt, wenn die Ausschüttung beim Leistenden nicht zu einem Steuerabzug geführt hat. Mit der Regelung beabsichtigt der Gesetzgeber, hybride Gestaltungen zu erfassen, bei denen es im Staat der ausschüttenden Gesellschaft aufgrund der dortigen Qualifikation des hybriden Instruments als Fremdkapital zu einem Betriebsausgabenabzug kommt, während es im Empfängerstaat aufgrund einer abweichenden Qualifikation als Eigenkapital an sich zu einer (teilweisen) Freistellung der Bezüge kommt. Mittlerweile hat allerdings auch die Mutter-Tochter-Richtlinie in Art. 4 Abs. 1 lit. a eine Ergänzung dahingehend erfahren, dass bei einem Betriebsausgabenabzug im Staat der Tochtergesellschaft eine Steuerfreiheit beim Anteilseigner nicht zum Tragen kommen darf.
Rz. 212
Die seitens der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA enthalten für die in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA als Dividenden bezeichneten Gewinnanteile jedoch noch weitere Besonderheiten hinsichtlich der Aufteilung der Besteuerungsrechte auf die beteiligten Staaten. Als Grundsatz bestimmt Art. 10 Abs. 1 OECD-MA, ...