Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
Rz. 126
Am 15.7.2020 hat die EU-Kommission einen weiteren Richtlinienvorschlag vorgelegt, welcher darauf abzielt, mehr Transparenz zu schaffen und Steuerbetrug, -hinterziehung und -umgehung zu bekämpfen. Im Zentrum des Richtlinienvorschlags stehen die Herausforderungen der Digitalwirtschaft sowie digitale Plattformen. Digitale Plattformen würden die Arbeit der Steuerbehörden bei der Rückverfolgung und Erkennung von Steuertatbeständen erschweren. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Transaktionen über Betreiber digitaler Plattformen abgewickelt werden, welche in einem anderen Hoheitsgebiet ansässig sind. Der Vorschlag ist mittlerweile am 22.3.2021 formell vom Rat angenommen worden.
Rz. 127
Die Richtlinie sieht vor, dass Betreiber digitaler Plattformen zukünftig verpflichtet werden, von Nutzern der Plattform auf derselben erzielte Einkünfte auf dieser zu melden Die erfassten und überprüften Informationen müssen innerhalb eines Monats nach Ablauf des Meldezeitraums, in welchem ein Verkäufer als meldepflichtig ausgemacht wurde, an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wobei die Meldung nur in einem EU-Mitgliedstaat zu erfolgen hat. Zu den meldepflichtigen Geschäftstätigkeiten gehören insbesondere die Vermietung von Immobilien, persönliche Dienstleistungen, der Verkauf von Gegenständen, die Vermietung von Verkehrsmitteln sowie Investitionen und Darlehen im Rahmen von Crowdfunding. Insbesondere gilt es zu beachten, dass nicht nur Plattformbetreiber mit steuerlichem Sitz oder Ort der Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU zur Meldung verpflichtet sind, sondern auch solche ohne sonstigen steuerlichen Anknüpfungspunkt in einem Mitgliedstaat. Die Tätigkeit in der EU setzt eine einmalige Registrierung voraus, sofern der Plattformbetreiber nicht bereits für bspw. umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist. Eine Registrierung in mehreren Mitgliedstaaten ist ausgeschlossen.
Rz. 128
Der Austausch der gemeldeten Informationen zwischen den zuständigen Behörden soll nach der Richtlinie innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Meldezeitraums erfolgen. Der Richtlinienvorschlag stellt klar (Art. 16 Abs. 1), dass die von den EU-Mitgliedstaaten übermittelten Informationen auch für die Festsetzung, Verwaltung und Durchsetzung der Mehrwertsteuer und anderer indirekter Steuern verwendet werden können.
Rz. 129
Um einen wirksamen Informationsaustausch zu gewährleisten und die ungerechtfertigte Ablehnung von Ersuchen zu verhindern, wird in Art. 5a der Richtlinie der Standard der voraussichtlichen Erheblichkeit definiert. Ausdrücklich keine Anwendung findet der Standard infolge des Austauschs über einen grenzüberschreitenden Vorbescheid oder eine Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung.
Lizenzgebühren hingegen zählen neuerdings zu den Arten von Einkünften, die dem automatischen Informationsaustausch unterliegen.
Rz. 130
Durch die Einführung des Abschnitts IIa legt die Richtlinie einen klaren Rechtsrahmen für die Durchführung gemeinsamer Prüfung zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten fest. Die Prüfungen werden gemäß den Verfahrensmodalitäten des Mitgliedstaats durchgeführt, in dem die Prüfung stattfindet. Beweismittel eines Staats sind von den Behörden aller beteiligten Staaten anzuerkennen. Die Schlussfolgerungen einer Prüfung sind in einem Prüfungsbericht vorzulegen. Dieser entfaltet dieselbe Rechtskraft wie die einschlägigen nationalen Instrumente, die nach der Prüfung in einem teilnehmenden Mitgliedstaat verfasst werden. Das Ergebnis der Prüfung sowie der Prüfungsbericht müssen den geprüften Personen innerhalb von 30 Tagen nach der Ausgabe des Prüfungsberichts zugehen.
Rz. 131
Der Richtlinienvorschlag sieht eine Umsetzung in nationales Recht bis zum 31.12.2022 vor, sodass eine Anwendung zum 1.1.2023 gewährleistet ist.