Rz. 46

Der Verwalter muss ("ohne Wenn und Aber") einen bestimmten Punkt auf die Tagesordnung nehmen (ankündigen), wenn es mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer in Textform verlangt (§ 24 Abs. 2 WEG analog). Grund: Weil dieses Quorum genügt, um die Einberufung einer Versammlung verlangen zu können (→ § 7 Rdn 7), genügt es erst recht zur Erzwingung einzelner Tagesordnungspunkte.[58]

 

Rz. 47

Darüber hinaus muss der Verwalter auf Verlangen einzelner Wohnungseigentümer bestimmte Tagesordnungspunkte aufnehmen, wenn deren Behandlung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, auch wenn das Minderheitenquorum nicht erreicht wird.[59] Das ergibt sich aus dem Anspruch jedes Wohnungseigentümers gem. § 18 Abs. 2 WEG auf eine ordnungsmäßige Verwaltung. Der Anspruch wurde für die im nachfolgenden Muster aufgeführten TOPs bejaht.[60]

 

Rz. 48

Muster 7.6: Antrag auf Ankündigung von Tagesordnungspunkten

 

Muster 7.6: Antrag auf Ankündigung von Tagesordnungspunkten

Sehr geehrter Herr Verwalter,

als Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft Heinestraße 12, 75234 Musterstadt fordere ich Sie dazu auf, in der Einladung zur nächsten Eigentümerversammlung folgende Themen (Beschlussgegenstände) anzukündigen:

1. Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bezüglich der Außensanierungsarbeiten.
2. Schuldeneintreibung oder Ausbuchung uneinbringlicher Forderungen.
3. Problem der Einregelung der Vorlauftemperatur.

Bitte bestätigen Sie mir bis spätestens 13.5.2022, dass Sie dieser Aufforderung nachkommen werden.

Begründung:

[…]

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass die Aufnahme der von mir beantragten Punkte in die Tagesordnung nicht in Ihrem Belieben steht, sondern dass Sie dazu unter dem Gesichtspunkt ordnungsmäßiger Verwaltung verpflichtet sind.

 

Rz. 49

Entgegen einer unter Verwaltern verbreiteten Fehlvorstellung liegen die Voraussetzungen für die Aufnahme bestimmter TOPs auf Antrag einzelner Eigentümer – von Ausnahmen abgesehen – normalerweise schon deshalb vor, weil die Eigentümerversammlung für die Eigentümer im Grunde die einzige Möglichkeit darstellt, ihre Anliegen vorzubringen und hierüber Entscheidungen herbeizuführen. Verwaltern kann deshalb nur empfohlen werden, dem Verlangen auf Aufnahme bestimmter TOPs in die Tagesordnung grundsätzlich zu entsprechen, statt sie zu ignorieren. Es gibt für Verwalter kaum einen rationalen Grund, sich dafür zu "verkämpfen", einen TOP nicht auf die Tagesordnung zu nehmen; das gilt auch dann, wenn (anders als im Muster) die Themen aller Voraussicht nach niemanden außer dem Antragsteller interessieren und keine positive Beschlussfassung zu erwarten ist. Der die Aufnahme begehrende Wohnungseigentümer kann seinen Anspruch mittels einer gerichtlichen Klage verfolgen (→ § 7 Rdn 52). Sollte die Klage Erfolg haben, muss die Gemeinschaft die Prozesskosten tragen; anschließend wird das Verlangen im Raum stehen, vom Verwalter entsprechend Schadensersatz zu verlangen. Statt dieses Risiko einzugehen, empfiehlt sich doch eher die "klaglose" Aufnahme auch sinnlos erscheinender TOPs, zumal die Anforderungen an die Beschlussvorbereitung in solchen Fällen geringer als sonst sind (Praxistipp → § 10 Rdn 247).

 

Rz. 50

Allerdings darf ein Wohnungseigentümer sein Anliegen nicht zu kurzfristig vorbringen. So ist unter Wohnungseigentümern die Fehlvorstellung verbreitet, man könne sich nach Erhalt der Einladung noch beim Verwalter melden und die Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte verlangen (→ § 4 Rdn 46). Ob der Verwalter die Tagesordnung nachträglich ergänzt, steht in seinem Ermessen. Je dringlicher die Behandlung des Themas ist, desto eher ist eine Pflicht zur nachträglichen Ergänzung anzunehmen (und umgekehrt). Eine Verpflichtung zur Ergänzung besteht aber nicht, wenn die Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG nicht mehr gewahrt werden und auf die Einhaltung auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann.[61] Wie das LG München I zutreffend ausführte, ergibt sich eine besondere Dringlichkeit auch nicht allein schon daraus, dass der Verwalter die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes für eine geplante Versammlung so knapp vor dieser Versammlung abgelehnt hatte, dass der Miteigentümer die Aufnahme des Tagesordnungspunktes innerhalb der Frist des § 24 Abs. 4. S. 2 WEG nicht mehr erzwingen konnte. Dann wandelt sich der Anspruch auf Aufnahme eines TOPs allerdings in einen Anspruch auf umgehende Einberufung einer weiteren Versammlung mit dem betreffenden TOP um (→ § 7 Rdn 54).

 

Rz. 51

 

Praxistipp

Der Wunsch, ein Thema auf die Tagesordnung zu nehmen, sollte beim Verwalter möglichst frühzeitig (nach Erhalt der Einladung zur Versammlung ist meistens es zu spät) unter Fristsetzung angemeldet werden. Bestätigt der Verwalter die Aufnahme nicht, kann als nächstes sicherheitshalber versucht werden, den Verwaltungsbeiratsvorsitzenden dazu zu bringen, in einem eigenen Schreiben den betreffenden Punkt anzukündigen (was analog § 24 Abs. 3 WEG zulässig ist).[62] Erscheint das aussichtslos oder macht der Beiratsvorsitzende nicht mit, kann gericht...

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