Rz. 75
Es ist die Aufgabe des Versammlungsleiters (i.d.R. also des Verwalters), für die Nichtöffentlichkeit der Versammlung zu sorgen. Er muss deshalb Klarheit darüber haben, welche Personen sich im Versammlungsraum aufhalten, um deren Teilnahmeberechtigung kontrollieren zu können. Bei größeren Versammlungen ist dazu eine Einlasskontrolle erforderlich. Wenn nicht-teilnahmeberechtigte Personen ("Externe") erscheinen, hat der Verwalter verschiedene Handlungsoptionen, die nachfolgend erörtert werden. Der Darstellung liegt beispielhaft der Fall zugrunde, dass zwei "Externe" erschienen sind: Zum einen ein Architekt, der die Gemeinschaft zu einer in der Versammlung anstehenden Beschlussfassung über größere Baumaßnahmen beraten soll (nach h.M. ist dessen Teilnahme zu diesem Tagesordnungspunkt zulässig), zum anderen der Ehegatte einer betagten Eigentümerin, der als Zuhörer und "Begleiter" teilnehmen will (nach h.M. unzulässig).
Rz. 76
Der Verwalter kann die Anwesenheit der Externen stillschweigend übergehen. Wenn niemand daran Anstoß nimmt, bleibt ein eventueller Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit folgenlos. Allerdings könnte ein Versammlungsteilnehmer später einwenden, er habe einen "Externen" (z.B. den Ehegatten der Eigentümerin) nicht als solchen identifiziert und deshalb dessen Teilnahme nicht (bewusst) "rügelos geduldet". Auch wenn dieser Einwand m.E. nicht verfängt, ist es jedenfalls sicherer, wenn der Verwalter die Versammlung zu Beginn auf die Anwesenheit der Externen ausdrücklich hinweist und fragt, ob es dagegen Einwände gibt. Werden keine Einwände erhoben, so ist die Teilnahme der betreffenden Personen rechtmäßig. Nur eine Mindermeinung gesteht auch Nichtteilnehmern das Recht zu, per Anfechtungsklage einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit geltend zu machen (→ § 7 Rdn 74).
Rz. 77
Wird (auf Befragen oder aus eigenem Antrieb) von einem Versammlungsteilnehmer Widerspruch gegen die Teilnahme eines Externen erhoben, kann der Verwalter diesen aus eigenem Recht (dem Hausrecht der Gemeinschaft) zum Verlassen des Versammlungsraums auffordern oder – umgekehrt – ihn zulassen. Ihm ist aber zu empfehlen, die Versammlung per Verfahrensbeschluss entscheiden zu lassen, denn die Entscheidung kann heikel sein und ein Anfechtungsrisiko begründen, egal wie sie ausfällt. Wenn ein Teilnahmeberechtigter einen entsprechenden Antrag auf Entscheidung der Versammlung stellt, muss der Verwalter den entsprechenden Verfahrensbeschluss herbeiführen. Wichtig ist, dass der Verwalter die Versammlung vor der Abstimmung richtig informiert. Vor allem darf er nicht den Eindruck erwecken, durch den Beschluss der Zulassung eines Externen könne der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit ausgehebelt werden. Der Verwalter muss deutlich machen, dass der Beschluss über die Zulassung nur über die Tatsache entscheidet, dass eine Person faktisch im Versammlungsraum bleiben kann, dass aber die Teilnahme dadurch nicht "automatisch" rechtmäßig wird. Im Beispiel muss er deutlich darauf hinweisen, dass durch den Beschluss, den Ehegatten zuzulassen, womöglich alle in der Versammlung gefassten Beschlüsse anfechtbar sind. Im Anschluss an diese Informationen lässt der Verwalter über die Verfahrensanträge abstimmen.
Rz. 78
Muster 7.8: Beschluss über die Zulassung Externer zur Eigentümerversammlung
Muster 7.8: Beschluss über die Zulassung "Externer" zur Eigentümerversammlung
1. Herr Architekt Schönbau darf zu TOP 3 an der Versammlung teilnehmen.
2. Herr Maier, Ehegatte der Eigentümerin Frau Maier, darf an der Versammlung als Zuhörer teilnehmen.
Rz. 79
Entscheidet sich die Mehrheit gegen die Zulassung, hat der Versammlungsleiter dafür zu sorgen, dass der Externe den Versammlungsort verlässt; entscheidet sich die Mehrheit für die Zulassung, kann der Externe bleiben. Gegen die entsprechende Entscheidung (sog. Verfahrensbeschluss) gibt es keinen direkten Rechtsschutz (→ § 7 Rdn 68). Das verkürzt den Rechtsschutz der überstimmten Minderheit aber nicht, denn jeder opponierende Miteigentümer kann die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse unter Berufung auf den Formfehler des Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit anfechten. Ob ein solcher Verstoß vorliegt und ob er für das Ergebnis kausal war, entscheidet dann das Gericht.