Rz. 55

In vielen Teilungserklärungen ("Altvereinbarungen") gibt es Regelungen zu den Formalia der Eigentümerversammlung, die vom geltenden Recht abweichen. Gem. § 47 WEG geht das aktuelle Recht vor, sofern sich "aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt". Weiter heißt es: "Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen." Meistens wiederholt eine Teilungserklärung inhaltlich den zur Zeit ihrer Errichtung geltenden Gesetzestext. Dann gilt das aktuelle Gesetz. Nur wenn die Teilungserklärung von der früheren Rechtslage in einer Weise abweicht, dass ein dauerhafter eigenständiger Regelungsgehalt anzunehmen ist, geht die Teilungserklärung vor.

 

Rz. 56

 

Beispiele: Regelungen in Teilungserklärungen zur Eigentümerversammlung

a) Laut Teilungserklärung liegt die Beschlussfähigkeit einer Versammlung vor, wenn die erschienen Eigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. – Diese Regelung erleichterte die Beschlussfassung im Vergleich zu § 25 Abs. 3 WEG a.F., weil auch vom Stimmrecht ausgeschlossene Eigentümer bei der Errechnung des Quorums mitzählten. Weil auch das neue Recht eine Erleichterung der Beschlussfassung bezweckt, ist ein Abweichungswille i.S.v. § 47 WEG zu verneinen. Setzt die Teilungserklärung hingegen das Quorum herauf, bspw. auf zwei Drittel, verfolgt sie die gegenteilige Tendenz und geht dem aktuellen Gesetz vor.

b) Laut Teilungserklärung ist jede Versammlung beschlussfähig, die Ladung muss aber einen entsprechenden Hinweis enthalten. Die Regelung zur Beschlussfähigkeit entspricht dem geltenden Recht, die Hinweispflicht muss aber nicht mehr beachtet werden. Sie war nur nach dem alten Recht erforderlich, weshalb ein Abweichungswille i.S.v. § 47 WEG nicht festgestellt werden kann.

c) Laut Teilungserklärung beträgt die Ladungsfrist 2 Wochen. – Wenn die Teilungserklärung nach dem 1.7.2007 (aber vor dem 30.11.2020) entstand, wiederholt sie nur das damals geltende Gesetz mit der Folge, dass jetzt das aktuelle Gesetz gilt. Denn zwischen dem 1.7.2007 und dem 30.11.2020 betrug die gesetzliche Ladungsfrist zwei Wochen. Vor dem 1.7.2007 betrug die Ladungsfrist (nur) eine Woche. Entstand die Teilungserklärung vor dem 1.7.2007, bezweckte die Regelung zwar eine Verlängerung der gesetzlichen Frist, es ist aber nicht anzunehmen, dass damit gemeint war "immer eine Woche länger als die gesetzliche Frist". Somit gilt auch in diesem Fall das neue Gesetz. Sollte die Teilungserklärung aber eine vierwöchige Frist vorsehen, ginge eine solche Regelung der aktuellen gesetzlichen Frist vor.[65]

d) Zum Schriftformgebot für Stimmrechtsvollmachten → § 7 Rdn 83.

[65] Falkner, Das Übergangsrecht des WEMoG, ZWE 2021, 149 (151 f.).

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