I. Beweisregeln für die Echtheit eines privatschriftlichen Testaments
Rz. 27
Die Beweislast für die Echtheit und Eigenhändigkeit des eigenhändigen Testamentes trägt derjenige, der Rechte aus der Urkunde herleiten will.
Der Beweis der Eigenhändigkeit ist ggf. neben dem der Echtheit der Unterschrift zu erbringen, weil § 440 Abs. 2 ZPO und § 416 ZPO auf das eigenhändige Testament keine Anwendung finden. Zur Schriftvergleichung siehe § 442 ZPO.
Rz. 28
Ist die Echtheit der Unterschrift erwiesen, so stellt dies noch keinen Beweis für die Eigenhändigkeit der letztwilligen Verfügung dar, aber ein Indiz. Daneben muss der Erbe schließlich erforderlichenfalls den Testierwillen des Erblassers darlegen und unter Beweis stellen. Es muss feststehen, dass der Erblasser die Urkunde als seine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung betrachtete. Entspricht das Testament äußerlich einem formgültigen Testament, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Erblasser damit seinen letzten Willen zum Ausdruck bringen wollte.
Liegt ein eigenhändiges geschriebenes und unterschriebenes Testament vor, so ist so lange von der Lesefähigkeit des Erblassers auszugehen, wie nicht das Gegenteil bewiesen ist.
Im Erbscheinsverfahren bzw. im Erbenfeststellungsprozess kann der Nachweis des Erbrechts nach § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG auch durch Vorlage einer Kopie des Testaments und beispielsweise Zeugenbeweis erbracht werden, auch wenn das Original nicht mehr auffindbar ist.
II. Erfordernis eines Schriftsachverständigengutachtens
Rz. 29
Nur in Zweifelsfällen ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments geboten. So bedarf es zur Überzeugungsbildung des Nachlassgerichts von der Echtheit und Eigenhändigkeit einer letztwilligen Verfügung nur bei Vorliegen objektiver Zweifel der Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens.
Verbleiben auch nach Erstattung des Gutachtens ungeklärte Zweifel, so kann das Beschwerdegericht diese gegebenenfalls auf der Grundlage der vom Nachlassgericht durchgeführten Beweisaufnahme auch ohne weitere eigene Ermittlungen, namentlich ohne ein – nur ausnahmsweise einzuholendes – weiteres Gutachten überwinden.
Rz. 30
Sprechen keine besonderen Umstände gegen eine eigenhändige Errichtung des privatschriftlichen Testamentes, so muss der Tatrichter ausschließlich die Schriftzüge des Testamentes mit Schriftproben des Erblassers vergleichen und das diesbezügliche Ergebnis entsprechend würdigen.
Wendet einer der Beteiligten ein, dass das Testament gefälscht ist, so muss er als Beweisbelasteter bei Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens dafür sorgen, dass dem Sachverständigen eine sicher vom Erblasser stammende Schriftprobe vorliegt. Grundsätzlich genügen hierfür auch Schriftstücke, die längere Zeit vor der Errichtung des streitgegenständlichen Testamentes erstellt wurden, z.B. sogar Schulhefte des Erblassers.
Rz. 31
Nach § 411a ZPO kann die schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
III. Schuldrechtliche Anerkennung eines formunwirksamen Testaments
Rz. 32
Ist ein privatschriftliches Testament nicht formgerecht errichtet worden, so ist es nichtig, § 125 BGB. Hieraus folgt, dass dem in dem nichtigen Testament zum Ausdruck kommenden wirklichen Willen des Erblassers aus formellen Gründen nicht entsprochen wird. In diesem Fall können jedoch die gesetzlichen Erben die im Testament bedachten Erben schuldrechtlich so stellen, als wäre das Testament doch wirksam.