Rz. 75
Das verbreitetste rechtliche Instrument zum Vorbehalt von Nutzungsrechten ist der Nießbrauch. Durch den Nießbrauch wird eine Sache in der Weise belastet, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen aus der Sache zu ziehen, § 1030 BGB. Die Nießbrauchsbestellung führt also dazu, dass Eigentum und Nutzungsberechtigung einer Sache auseinanderfallen und verschiedenen Personen zustehen. Grundsätzlich ist der Nießbrauch nicht nur an Sachen möglich, sondern auch an Rechten, insbesondere an Gesellschaftsanteilen (§ 1068 BGB).
Rz. 76
Beim Nießbrauch handelt es sich um ein beschränkt dingliches Recht. Demzufolge kann der Nießbrauchsberechtigte in seiner Nutzungsmöglichkeit nicht durch einseitige Rechtshandlungen eines anderen (des Eigentümers oder eines Dritten) beeinträchtigt werden. Vielmehr steht ihm die umfassende (bei Vereinbarung eines sog. Quotennießbrauchs nur die anteilige) Nutzung des Gegenstandes zu; über die Vermögenssubstanz als solche kann er jedoch nicht verfügen. Der Nießbrauch ist in der Regel nicht übertragbar; die Vererblichkeit ist ausgeschlossen.
Rz. 77
Zur Entstehung eines Nießbrauchsrechts ist bei beweglichen Sachen die Einigung sowie die Übergabe der Sache an den Nießbraucher erforderlich, § 1032 BGB. Der Nießbrauch an Grundstücken entsteht durch Einigung und Eintragung des Nießbrauchs in das Grundbuch, §§ 873, 874 (892) BGB.
An Rechten wird der Nießbrauch nach denjenigen Regeln bestellt, die für die Übertragung des jeweiligen Rechts gelten (§ 1069 Abs. 1 BGB). Die Nießbrauchsbestellung setzt hier voraus, dass das Recht selbst übertragbar ist, § 1069 Abs. 2 BGB. Vor diesem Hintergrund bedarf beispielsweise die Nießbrauchsbestellung an GmbH-Geschäftsanteilen ebenso wie deren Übertragung der notariellen Beurkundung (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Bei Personengesellschaften kommt eine Nießbrauchsbestellung nur dann in Betracht, wenn der Gesellschaftsvertrag eine derartige Belastung überhaupt erlaubt oder die übrigen Gesellschafter zustimmen. Einschränkungen finden sich teilweise auch in GmbH-Satzungen. Im Zweifelsfall ist die Nießbrauchsbestellung auch zulässig, wenn eine freie Übertragbarkeit der Anteile aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen möglich ist.
Rz. 78
Unter Lebenden kann das Nießbrauchsrecht durch Verzicht beendet werden. Dieser richtet sich bei beweglichen Sachen nach § 1064 BGB, bei Grundstücken nach §§ 875, 1062 BGB. Schließlich besteht die Möglichkeit, sowohl das Entstehen als auch die Beendigung eines Nießbrauchsrechts von aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingungen abhängig zu machen. Eine Bedingungsfeindlichkeit besteht insoweit nicht.
Rz. 79
Besondere Aufmerksamkeit, gerade bei der vertraglichen Gestaltung, verdient die Verteilung der während der Dauer des Nießbrauchs anfallenden Lasten und Kosten: Nach dem Leitbild des Gesetzes ist der Nießbraucher verpflichtet, die nießbrauchsbelastete Sache auf seine Kosten zu versichern (§ 1045 BGB) und sämtliche auf sie entfallenden öffentlichen Lasten zu tragen (§ 1047 BGB). Daneben hat der Nießbraucher die belastete Sache auf eigene Kosten in ihrem rechtlichen Bestand zu erhalten (§ 1041 BGB).
Rz. 80
Vor dem Hintergrund, dass die Interessen von Nießbraucher und Eigentümer hinsichtlich der Art und Weise der Erhaltung und der Tragung der Kosten nicht immer gleichgerichtet sind, empfiehlt es sich, bereits bei der vertraglichen Vereinbarung über die Bestellung des Nießbrauchs entsprechende Regelungen aufzunehmen und die Lastentragung entsprechend den individuellen Vorstellungen der Parteien eigenständig zu regeln.