a) Grundsätzliche Notwendigkeit
Rz. 22
Gewöhnlich verbinden Schenker und Beschenkter mit der geplanten Unternehmensnachfolge bestimmte Erwartungen, z.B. die, dass der Beschenkte das Unternehmen mit vollem Einsatz fortführt, dass er nicht vor dem Schenker verstirbt, seine Ehe nicht geschieden wird, er Abkömmlinge hinterlässt oder das Geschenk nicht von Gläubigern des Beschenkten gepfändet wird bzw. in anderer Weise "verloren geht" etc. Die Bandbreite derartiger Erwartungen ist schier unendlich und geht insbesondere weit über die im Gesetz bereits berücksichtigten möglichen Fehlentwicklungen (Verarmung des Schenkers, § 528 BGB, und grober Undank des Beschenkten, § 530 BGB) hinaus.
Rz. 23
Nicht alle denkbaren Abweichungen von den – einseitigen und/oder gemeinsamen – Erwartungen erfordern eine Möglichkeit, nachzusteuern, also die bereits vollzogene Schenkung nachträglich noch einmal infrage stellen zu können. Andere sind jedoch so schwerwiegend, dass es für den Schenker unerträglich (und oftmals auch für andere Beteiligte wenig vorteilhaft) wäre, den durch die Schenkung und die nachfolgenden (nicht gewollten) Entwicklungen eingetretenen Zustand nicht mehr ändern zu können. Darüber hinaus kann der Vorbehalt einer Rückforderungsmöglichkeit in bestimmten Fällen gerade dazu dienen, den Eintritt des Rückforderungsgrundes zu vermeiden. Man denke nur an eine dem Beschenkten vertraglich auferlegte Verpflichtung, mit seinem (künftigen) Ehegatten zu vereinbaren, dass im Falle einer Beendigung der Ehe oder des Güterstandes bestimmte Vermögensgegenstände (z.B. das Geschenk bzw. die Steigerung seines Werts während der Ehe) vom Zugewinnausgleich ausgenommen bleiben (zu Eheverträgen vgl. unten § 15). Die drohende Rückforderung mag hier im einen oder anderen Fall als "Argumentationshilfe" für den Beschenkten dienen können.
Rz. 24
Neben den allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung gegenseitiger Verträge (zutreffende Bezeichnung der Parteien, genaue Definition des Vertragsgegenstandes, Bedingungen etc.) sind daher bei der Gestaltung von Schenkungsverträgen insbesondere auch Rückabwicklungsmöglichkeiten vorzusehen. Als Gestaltungsmittel kommen hierzu vor allem Widerrufsvorbehalte und Rücktrittsrechte (nebst Absicherung) zum Einsatz, wobei sich die Regelungen sinnvollerweise auch auf die Art und Weise der Rückabwicklung erstrecken sollten. Beide Gestaltungsrechte kommen – von den gesetzlichen Rückforderungsfällen abgesehen – nur in Betracht, wenn sie im Schenkungsvertrag (oder theoretisch auch gesondert) ausdrücklich zwischen dem Schenker und dem Beschenkten vereinbart sind.
b) Rückübertragungsgründe
Rz. 25
Insoweit stellt sich zunächst die Frage, wie die Fälle, in denen eine Rückabwicklung verlangt werden kann, zu definieren sind. Aus der Sicht des Schenkers wäre – auf den ersten Blick – eine freie Entscheidungsmöglichkeit wünschenswert, würde sie es ihm doch ermöglichen, sehr flexibel auf Veränderungen der Umstände zu reagieren. Ganz anders sieht die Lage aus der Perspektive des Beschenkten aus, der nicht dem Risiko ausgesetzt sein möchte, dass der Schenker ganz einfach einen Sinneswandel durchlebt und deshalb die Schenkung infrage stellt. Hinzu kommt, dass auch aus rechtlicher bzw. steuerrechtlicher Sicht die besseren Argumente für eine Einschränkung der Rückforderungsmöglichkeiten sprechen.
Rz. 26
Zivilrechtlich ist ein Rückabwicklungsvorbehalt, der die Entscheidung über die Durchführung der Rückabwicklung allein dem Schenker überlässt, ohne seine Dispositionsbefugnis in irgendeiner Weise einzuschränken bzw. an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, grundsätzlich zulässig. Abgesehen von der größtmöglichen Entscheidungsfreiheit des Schenkers bringen derartige Vereinbarungen den Vorteil mit sich, dass sich die Frage des Vorliegens oder eben des Nicht-Vorliegens bestimmter Rückabwicklungsgründe von vornherein nicht stellt. Dies vermeidet folgerichtig auch jeglichen – ggf. auch gerichtlichen – Streit über diese Frage.
Rz. 27
Ob die grundsätzliche zivilrechtliche Zulässigkeit freier Rückabwicklungsvorbehalte auch im Falle der Schenkung von Gesellschaftsanteilen gilt, ist allerdings fraglich. Denn für den von einer möglichen Rückforderung betroffenen Beschenkten stellt sich die Situation ähnlich dar wie für einen Gesellschafter, dem eine Hinauskündigung aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Hinauskündigungsklausel droht. Hinauskündigungsklauseln werden von der Rechtsprechung nur in sehr engen Grenzen akzeptiert. Im Regelfall stellen sie einen Verstoß gegen § 138 BGB dar. Diese Sichtweise beruht in erster Linie auf dem Argument, dass durch die Möglichkeit der Hina...