Rz. 130

In ertragsteuerlicher Hinsicht (Einkommensteuer) besteht die Zielsetzung bei der Vereinbarung wiederkehrender Bezüge in der Regel darin, dem Leistungsverpflichteten einen Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG zu ermöglichen. Der Leistungsberechtigte hat die empfangenen Leistungen dann korrespondierend nach § 22 Nr. 1 EStG als sonstige Einkünfte zu versteuern.[175] Der Vorteil dieser Gestaltung besteht meistens darin, dass der Leistungsberechtigte im Hinblick auf die Beendigung seiner aktiven Erwerbstätigkeit tendenziell niedrigere Einkünfte und somit auch ein niedrigere Steuersatzprogression hat als der im Erwerbsleben stehende Leistungsverpflichtete. Insbesondere durch die Übertragung von ertragbringendem Vermögen auf den Leistungsverpflichteten wird dieser Effekt mitunter noch deutlich verstärkt.

 

Rz. 131

Seit dem Jahressteuergesetz 2008 stellt sich die Situation im Wesentlichen wie folgt dar:

Steuerlich wird unterschieden zwischen Versorgungsleistungen, Unterhaltsleistungen und Austauschverträgen mit Gegenleistung.[176] Dabei sind Renten und dauernde Lasten grundsätzlich als Versorgungsleistungen zu qualifizieren, die dementsprechend beim Leistungsverpflichteten zum Sonderausgabenabzug (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG) und beim Leistungsempfänger zu einer Versteuerung wiederkehrender Bezüge (§ 22 EStG) führen können.[177]

 

Rz. 132

Unterhaltsleistungen, die aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflichten oder aus anderen Gründen (z.B. einer etwaigen moralischen Verpflichtung) geleistet werden, sind steuerlich grundsätzlich unbeachtlich. Es gilt insoweit § 12 Nr. 2 EStG, demzufolge von einer steuerlich unbeachtlichen Vermögensverwendung auszugehen ist.[178] Liegt eine echte Gegenleistung vor (Kaufpreisrente), sind die Zahlungen auf der Seite des Leistenden zum größten Teil steuerlich unbeachtlich. Der Teil der Zahlungen, der – gedanklich – auf die Tilgungen (Anschaffungskosten) entfällt, wirkt sich bei der Einkommensermittlung nicht aus, der in den wiederkehrenden Leistungen enthaltene Zinsanteil kann demgegenüber als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu qualifizieren sein.[179] Auf Seiten des Leistungsempfängers kann der Austauschvertrag, der die Grundlage für die wiederkehrenden Leistungen bildet, zu Veräußerungsgewinnen (§§ 16, 17, 18 sowie 23 EStG) führen.[180] Der in den Leistungen enthaltene Zinsanteil führt zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG).[181]

 

Rz. 133

Die angestrebte steuerliche Gestaltung kommt also nur im Bereich der unentgeltlichen Vermögensübergabe in Betracht.[182] Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Wert der wiederkehrenden Leistungen nicht nach kaufmännischen Grundsätzen am Wert des übertragenen Vermögens orientiert wird. Maßgeblich ist vielmehr das Versorgungsinteresse des Übergebers. Gegenstand der Vermögensübergabe muss eine sog. ertragbringende Wirtschaftseinheit sein. Das sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Gewerbebetriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile bzw. freiberufliche Praxen oder Anteile an freiberuflichen Personengesellschaften.[183] GmbH-Geschäftsanteile können ebenfalls begünstigt sein, wenn eine wenigstens 50 % des Stammkapitals umfassende Beteiligung übertragen wird und gleichzeitig die Geschäftsführer-Stellung vom Übergeber auf den Übernehmer übergeht. Übertragungen sonstigen Privatvermögens sind nicht begünstigt.

[178] Ausnahme: Die Unterhaltsleistungen können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.
[182] Wegen der Voraussetzungen im Einzelnen vgl. Feick/Henn, in: Bonefeld/Wachter, Der Fachanwalt für Erbrecht, § 18 Rn 39 ff.
[183] Vgl. Feick/Henn, in: Bonefeld/Wachter, Der Fachanwalt für Erbrecht, § 18 Rn 39.

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