Rz. 64
Schließlich ist bei der Gestaltung von Schenkungsverträgen auch zu berücksichtigen, wie sich die lebzeitigen Zuwendungen auf die gesetzliche Erbfolge und etwaige Pflichtteilsansprüche auswirken und ob diese Auswirkungen im konkreten Fall auch tatsächlich gewünscht sind. In den meisten Fällen werden der Schenker und – jedenfalls dann, wenn die Familie in die Planungsüberlegungen mit einbezogen wurde – die übrigen Beteiligten eine von den gesetzlichen Folgen abweichende Regelung wünschen. Diese sollte daher im Schenkungsvertrag festgelegt werden.
Rz. 65
Vor allem geht es hierbei um Fragen der Ausgleichung (§§ 2050 ff. BGB) sowie der Pflichtteilsanrechnung (§ 2315 BGB) und/oder Vereinbarungen zum Pflichtteilsverzicht. Soweit der Schenker in Zugewinngemeinschaft verheiratet ist (und der lebzeitige Zugewinnausgleich nicht ausgeschlossen wurde), sind auch Regelungen im Hinblick auf § 1380 BGB empfehlenswert, um zu vermeiden, dass die erfolgte Schenkung durch spätere Zugewinnausgleichsansprüche des Ehegatten infrage gestellt wird.
Rz. 66
Oftmals halten die Beteiligten derartige Regelungen für – jedenfalls für ihre Familie – nicht erforderlich, da man sich ja einig sei und keiner der Beteiligten das zur Umsetzung anstehende Konzept konterkarieren wolle. Diese – aktuelle – Einigkeit sollte jedoch nicht über das Risiko hinwegtäuschen, dass sich die Lebenssituation der Beteiligten und damit ggf. auch ihre Einstellung zur Unternehmensnachfolge im Zeitablauf verändern können. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass z.B. einer der Pflichtteilsberechtigten im Zeitpunkt des Todes des Schenkers (dann Erblassers) unter Betreuung steht und der Betreuer sich dann gezwungen sieht, sämtlich denkbaren Ansprüche, insbesondere Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche konsequent durchsetzen zu müssen. Gleiches gilt für den überlebenden Zugewinn-Ehegatten, der nach erfolgter Schenkung deutlich weniger erbt als er bei Anwendung der güterrechtlichen Lösung unter gleichzeitiger Berufung auf § 1380 BGB erlangen könnte.
Rz. 67
Vor diesem Hintergrund ist dringend zu empfehlen, die (übrige) Familie des Schenkers nicht nur an den Planungsüberlegungen zu beteiligen, sondern sie zur Absicherung des Nachfolgekonzepts auch zum Abschluss der entsprechenden Verzichtsverträge zu bewegen. Dies kann mit Hilfe separater Vereinbarungen geschehen, alternativ aber auch im Rahmen des eigentlichen Schenkungsvertrages.
a) Ausgleichung, §§ 2050 ff. BGB
Rz. 68
Im Hinblick auf eine gerechte Verteilung des "gesamtlebzeitigen Vermögens" des Erblassers hat der Gesetzgeber des BGB das Rechtsinstitut der Ausgleichung in den §§ 2050 ff. BGB niedergelegt. Über § 2316 BGB findet die Ausgleichung unter Abkömmlingen auch Eingang in das Pflichtteilsrecht.
Die Ausgleichung führt zu einer Art Umverteilung des Nachlasses unter den gesetzlich erbberechtigten Abkömmlingen mit der Folge, dass der den Abkömmlingen zustehende Teil des tatsächlich vorhandenen Nachlasses unter Berücksichtigung lebzeitig erfolgter, ausgleichungspflichtiger Zuwendungen verteilt wird. Die Ausgleichung findet nur unter solchen Abkömmlingen statt, die entweder als gesetzliche Erben und mit identischen Quoten zur Erbfolge gelangen oder durch den Erblasser testamentarisch (bzw. durch Erbvertrag) mit identischen Quoten zur Erbfolge berufen wurden. Ausgleichungspflichtige Zuwendungen sind gemäß § 2050 BGB so genannte Ausstattungen (§ 1624 BGB), Zuschüsse, die als Einkünfte dienen, und bestimmte Aufwendungen für die Berufsausbildung.
Rz. 69
Die Anwendung der §§ 2050 ff. BGB ist aber dispositiv und findet nur dann statt, wenn der Erblasser keine hiervon abweichenden Anordnungen getroffen hat. Es ist daher ohne weiteres möglich, entweder bei Ausführung der jeweiligen Zuwendung oder später die Anwendbarkeit der Ausgleichungsvorschriften für bestimmte oder alle lebzeitigen auszuschließen. Darüber hinaus hat der Erblasser auch die Möglichkeit, den Anwendungsbereich der Ausgleichungsvorschriften zu erweitern, indem er für bestimmte lebzeitige Zuwendungen an Abkömmlinge die Ausgleichung ausdrücklich anordnet. Dies muss allerdings spätestens bei Ausführung der Zuwendung erfolgen. Eine spätere Anordnung ist grundsätzlich wirkungslos.
Rz. 70
Die Ausgleichungsvorschriften kommen unabhängig von anders lautenden Anordnungen des Erblassers auch im Rahmen der Pflichtteilsberechnungen zum Tragen (§ 2316 BGB). Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen können – ungeachtet der Anordnungen des Erblassers/Schenkers im Übrigen – nur durch Pflichtteilsverzichtsverträge zwischen dem Erblasser/Schenker und dem bzw. den Pflichtteilsberechtigten vollständig vermieden werden.