Rz. 108
Geht es dem Schenker nicht darum, sich die Erträge des übergehenden Vermögens vorzubehalten, sondern nur darum, ein zum zur Übergabe anstehenden Betriebsvermögen gehörendes bzw. von der übertragungsgegenständlichen Gesellschaft gehaltenes Wohnhaus auch weiterhin selbst nutzen zu können, kommt als Gestaltungsmittel – auch im Rahmen der Unternehmensübergabe – die Einräumung eines Wohnrechts in Betracht.
Rz. 109
Ein dingliches Wohnrecht lässt sich definieren als das Recht, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes, zum Beispiel ein Zimmer, eine Wohnung oder ähnliches, unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Die Vorschriften über den Nießbrauch sind zum Großteil auf das dingliche Wohnungsrecht entsprechend anzuwenden (§ 1093 Abs. 1 S. 2 BGB).
Rz. 110
Hauptzweck der Nutzung des Gebäudes muss das Wohnen sein, wobei aber nicht der Wohnrechtsberechtigte selbst das Gebäude zum Wohnen nutzen muss, es reicht aus, wenn der Berechtigte das Gebäude zu Wohnzwecken an andere überlässt; dies gilt insbesondere dann, wenn eine juristische Person Wohnungsrechtsberechtigte ist.
Rz. 111
Formulierungsbeispiel: Wohnungsrechtsvorbehalt
Der Übergeber erhält auf Lebenszeit im Hausanwesen (…) das Wohnungsrecht.
Dieses besteht aus dem Recht, folgende Räume unter Ausschluss des Eigentümers alleine zu benutzen:
(…) (einzelne Räume auflisten).
Der Übergeber darf die zum gemeinsamen Gebrauch der Hausbewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen, insbesondere den Keller, Speicher, Hof und Garten. Der Übernehmer hat die Austragsräume auf seine Kosten stets in gut bewohnbarem und beheizbarem Zustand zu erhalten. Zudem hat der Übernehmer die erforderlichen Schönheitsreparaturen auf seine Kosten vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.
Die für die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume anfallenden Kosten für Heizung, Strom und Warmwasser sowie alle übrigen Betriebskosten, die üblicherweise in entsprechender Anwendung der II. Berechnungsverordnung auf einen Mieter umgelegt werden, trägt der Übernehmer. Soweit hinsichtlich der vom Berechtigten zu tragenden Betriebskosten eine verbrauchsabhängige Abrechnung und Kostenumlegung praktisch möglich und rechtlich zulässig ist, hat dies zu erfolgen, sofern eine der Vertragsparteien dies wünscht.
Rz. 112
Als beschränkt persönliche Dienstbarkeit i.S.v. §§ 1090 ff. BGB steht das Wohnungsrecht in seiner Ausgestaltung zwischen Grunddienstbarkeit und Nießbrauch. Wie der Nießbrauch ist es grundsätzlich höchstpersönlich ausgestaltet und daher nicht übertragbar (§ 1092 BGB); ebenso scheidet auch eine Vererbbarkeit aus (§§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB). Anders als das Nießbrauchsrecht kann ein Wohnungsrecht nicht gepfändet werden.
Die Begründung des Wohnungsrechts erfolgt durch Einigung und Eintragung gem. § 873 BGB. Zum Erlöschen führen Aufhebung, Tod des Berechtigten (Liquidation der Gesellschaft) sowie die Zerstörung des Gebäudes, wenn ein Wiederaufbau dauernd ausgeschlossen (unmöglich) ist.
Rz. 113
Formulierungsbeispiel: Wohnungsrecht – Instandhaltungspflicht
Der Empfänger ist verpflichtet, die Wohnung im Obergeschoss des Anwesens in bewohnbarem Zustand zu erhalten und im Falle der Zerstörung wiederherzustellen. Zu den Erhaltungskosten gehören auch Schönheitsreparaturen, Strom, Wasser, Heizung und alle Nebenkosten sowie die Verpflichtung zur Freistellung des Schenkers und Sicherheitsleistung an den Schenker bezüglich solcher Kosten im Falle seiner Inanspruchnahme.
Diese Ansprüche werden durch eine Reallast auf dem Grundstück abgesichert (…).
Rz. 114
In steuerrechtlicher Hinsicht gelten für das Wohnungsrecht prinzipiell dieselben Grundsätze wie beim Nießbrauch. Im Ergebnis kommen diese allerdings nur dann zum Tragen, wenn bzw. soweit der Wohnungsrechtsberechtigte mit Hilfe des Wohnungsrechts Einkünfte erzielt. Die ausschließliche Selbstnutzung (die in der Praxis die Regel darstellt) ist ertragsteuerlich nicht relevant.