Entscheidungsstichwort (Thema)
Dinglicher Inhalt eines Wohnungsrechts - vertragliche Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Berechtigten eines Wohnungsrechts
Leitsatz (amtlich)
Eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Berechtigten eines Wohnungsrechts, nach der die Kosten für Schönheitsreparaturen, Wasser, Abwasser, Heizung, Strom und Gas, den Kaminkehrer und die Müllabfuhr der Eigentümer trägt, kann zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gemacht werden.
Normenkette
BGB §§ 874, 1018, 1090 Abs. 2, § 1093 Abs. 1 S. 2; FamFG § 81 f.; GBO § 15 Abs. 2, § 71 Abs. 1, §§ 73, 78 Abs. 2; GNotKG § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - S. vom 04.06.2020, Az. O..., aufgehoben.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind als Eigentümer des Anwesens N Gebäude- und Freifläche zu 1.199 qm, Fl.Nr. und des Ackerlandes M mit der Fl.Nr. zu 22.872 qm im Grundbuch des Amtsgerichts S. für O Blatt eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 26.02.2020, URNr., übertrugen sie diese dem Beteiligten zu 3). Die Beteiligten erklärten die Auflassung.
Unter Abschnitt IV der notariellen Urkunde ist folgendes vereinbart:
"Vorbehaltene Rechte
1. Wohnungsrecht
Die Veräußerer - nachstehend Berechtigte genannt - behalten sich als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB und mit der Maßgabe, dass nach dem Ableben eines der Berechtigten das Wohnungsrecht dem Längerlebenden ungeschmälert zur Alleinberechtigung zusteht, auf die Lebensdauer des Längerlebenden von ihnen ein Wohnungsrecht in dem übergebenen Anwesen vor.
Dieses besteht in dem Recht der ausschließlichen Benutzung der Wohnung im Erdgeschoss - unter Ausschluss des Eigentümers - und dem Recht auf Mitbenutzung der zum gemeinsamen Gebrauch der Hausbewohnter bestimmten Anlagen, Einrichtungen und Räume, insbesondere der Waschküche und der Garage.
Der Erwerber als künftiger Eigentümer ist verpflichtet, die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume auf eigene Kosten in gut bewohnbarem und beheizbarem Zustand zu halten.
Der Erwerber als künftiger Eigentümer trägt sämtliche Kosten, die für das Anwesen und die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume anfallen, insbesondere die Kosten der Schönheitsreparaturen in dem in Mietverträgen üblichen Umfang, die Kosten für Wasser und Abwasser, Beheizung, Strom und Gas, Kaminkehrer und Müllabfuhr, auch soweit sie auf der Wohnnutzung des Berechtigten beruhen.
...
Der Erwerber bestellt hiermit das Wohnungsrecht an dem in Ziffer I beschriebenen Grundbesitz zu Gunsten des Berechtigten - mehreren als Gesamtberechtigten nach § 428 BGB - und bewilligt und beantragt die Eintragung im Grundbuch. ...".
Mit Schreiben vom 27.03.2020 beantragte der Notar den Vollzug der Urkunde. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - S. erließ am 04.06.2020 eine Zwischenverfügung dahingehend, dass das Wohnrecht nicht am Ackerland (Fl.Nr.) bestellt werden könne. Weiterhin könnten die Leistungspflichten des Eigentümers (Kostentragungspflicht) nicht gesetzlicher Inhalt des Wohnungsrechts sein.
Hiergegen wendet sich der zuständige Notar in der Beschwerde mit Schreiben vom 25.06.2020, eingegangen am 27.06.2020. Der Antrag in Ziffer IV.1. des Überlassungsvertrages werde dahingehend eingeschränkt, dass das Wohnungsrecht nur am Grundstück Fl.Nr. eingetragen werden solle. Die Beschwerde richte sich nur gegen den Teil des Beschlusses, wonach die Leistungspflicht des Eigentümers nicht gesetzlicher Inhalt des Wohnungsrechts sein könne. Zur Begründung werde u.a. auf die Entscheidung des Bayerisches Oberstes Landesgericht vom 18.06.1980 verwiesen.
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und führte aus, die Kostentragungspflicht des Eigentümers könne nicht Inhalt eines Wohnungsrecht sein. Die Vereinbarung der Leistungspflicht des Eigentümers mit dinglicher Wirkung sei ausgeschlossen.
II. Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO, 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG).
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt darf vorliegend den Eintragungsantrag nicht beanstanden, da die genannten Kosten (für Schönheitsreparaturen, Wasser, Abwasser, Heizung, Strom und Gas, den Kaminkehrer und die Müllabfuhr) zum dinglichen Inhalt des Wohnungsrechts gemacht werden können.
1. Unproblematisch zulässig und vom Amtsgericht auch nicht beanstandet ist die in der notariellen Urkunde enthaltene Pflicht des Eigentümers, die dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume auf eigene Kosten in gut bewohnbarem und beheizbarem Zustand zu halten. Das Wohnungsrecht ist - wie sich aus § 1093 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt - ein besonderer Fall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Auf diese finden nach § 1090 Abs. 2 BGB eine Reihe von Vorschriften über die Grunddienstbarkeiten, insbesondere § 1021 BGB, entsprechende Anwendung. Danach kann bestimmt werden, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks eine auf dem Grundstück befindliche Anlage, die zur Ausübung der Grunddienstb...