Rz. 154

Die stille Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass sie über kein Gesamthandsvermögen verfügt.[200] Vielmehr geht die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts (oder auch Einzelunternehmens) über.[201] Gesetzlich geregelt ist die stille Gesellschaft in § 230 HGB. Eine Eintragung des Stillen in das Handelsregister erfolgt nicht.[202]

Stille Gesellschaften können sowohl an Einzelunternehmen als auch an Personen- bzw. Kapitalgesellschaften begründet werden.[203] Im letzteren Fall kommt es aber nicht (wie bei der Unterbeteiligung) zu einer Beteiligung an den Gesellschaftsanteilen, also den Beteiligungen der einzelnen Gesellschafter. Die stille Gesellschaft besteht vielmehr zwischen der Personen- bzw. Kapitalgesellschaft als solcher und dem bzw. den stillen Gesellschaftern.

 

Rz. 155

Zur Begründung einer stillen Gesellschaft genügt die Einbuchung einer Forderung des stillen Gesellschafters gegen das Einzelunternehmen bzw. die das eigentliche Unternehmen tragende Gesellschaft.[204] Auf welche Weise diese Forderung entsteht, ist für das stille Gesellschaftsverhältnis prinzipiell unbeachtlich. Die stille Gesellschaft kann daher ohne Weiteres auch durch Schenkung begründet werden.[205] Bei Personen- und insbesondere bei Kapitalgesellschaften können damit jedoch erhebliche steuerliche Probleme einhergehen. Dies gilt umso mehr, wenn an der Gesellschaft außer dem Übergeber noch weitere Personen beteiligt sind. Bei Kapitalgesellschaften stellt sich im Übrigen das Problem verdeckter Gewinnausschüttungen, wenn stille Beteiligungen begründet werden, denen keine Gegenleistung des Stillen bzw. des Schenkers gegenüberstehen. Darüber hinaus ist wegen des fehlenden Gesamthandsvermögens der stillen Gesellschaft umstritten, ob eine formunwirksame Schenkung durch Vollzug geheilt werden kann.[206]

 

Rz. 156

Vor allem in steuerrechtlicher Hinsicht ist zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft zu unterscheiden. Während bei der typisch stillen Gesellschaft der Stille kein Verlustrisiko trägt, ist bei der atypischen Gesellschaft auch der Stille an etwaigen Verlusten beteiligt. Werden ihm darüber hinaus Kontrollrechte, die mit denen eines Kommanditisten vergleichbar sind, eingeräumt, kann er einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmer anzusehen sein mit der Folge, dass er Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.[207]

 

Rz. 157

Im Fall der typischen stillen Gesellschaft hat der Stille hingegen Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG),[208] die gemäß § 43 Abs. 1, 3 EStG auch der Kapitalertragsteuer unterliegen. Allerdings hat die abgeführte Kapitalertragssteuer keinen abgeltenden Charakter, wenn es sich bei dem stillen Gesellschafter um eine dem Geschäftsinhaber nahestehende Person handelt.[209] Darüber hinaus sind in diesem Fall die Kriterien, die die Finanzverwaltung und Rechtsprechung an Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen stellen, zu beachten.[210]

 

Rz. 158

Auch schenkungsteuerrechtlich ist zwischen der typischen und der atypischen stillen Beteiligung zu unterscheiden. Denn nur für die atypische stille Beteiligung kommen die Verschonungen nach §§ 13a ff. ErbStG in Betracht, da nur hier von der Übertragung eines Mitunternehmeranteils die Rede sein kann. Nach Verwaltungsauffassung können sowohl die Einräumung als auch die Weiterübertragung atypisch stiller Beteiligungen und/oder Unterbeteiligungen von § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erfasst werden.[211]

[200] Schücking, in: MünchHdB-GesR I, § 3 Rn 44, 53 f.
[201] Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 230 Rn 21.
[202] Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 230 Rn 2.
[203] Baumbach/Hopt/Roth, HGB, § 230 Rn 3; Koller/Kindler/Roth/Drüen/Kindler, HGB, § 230 Rn 8.
[204] Koller/Kindler/Roth/Drüen/Kindler, HGB, § 230 Rn 10.
[205] Seffer/Erhardt, in: MünchHdB-GesR II, § 83 Rn 15;
[206] Vergleiche zum Streitstand: Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, § 9 Rn 7 m.w.N.
[207] BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, DStR 1991, 457; vgl. auch Schmidt/Wacker, EStG, § 20 Rn 77.
[208] BFH v. 8.4.2008 – VIII R 3/05, DStR 2008, 1629; Schmidt/Wacker, EStG, § 20 Rn 76 m.w.N.
[209] BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BSTBl I 2014, 986; Schönhaus, in: MünchHdB-GesR II, § 90 Rn 17; vgl. auch Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, § 9 Rn 10.
[211] Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.1.2013, ZEV 2013, 228; FinMin. Baden-Württemberg, Erlass v. 9.4.2009, DB 2009, 878; vgl. auch Eisele, NWB 2012, 4151, 4160 f.

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