Rz. 22
Da gesetzliche Grundlagen für das Homeoffice weitestgehend nicht vorhanden sind, muss auf die allgemeinen Grundsätze zurückgegriffen werden. Arbeit im Homeoffice kann dabei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, eines Heimarbeitsverhältnisses oder aber auch als sonstige selbstständige Tätigkeit erbracht werden. Welche dieser Beschäftigungsformen im konkreten Fall vorliegt, hängt aber nicht davon ab, wie die Vertragsparteien ein solches Rechtsverhältnis bezeichnen, sondern – wie auch sonst – wie das konkrete Rechtsverhältnis tatsächlich ausgestaltet ist. Wendet man die oben dargestellten Kriterien zum Arbeitsverhältnis an, so erweisen sich viele Homeoffice-Beschäftigungen als normale Arbeitsverhältnisse. Bereits die Ausübung von Telearbeit in sogenannten Satelliten- oder Nachbarschaftsbüros spricht dafür, dass sich der betreffende Beschäftigte dem örtlichen Weisungsrecht des Auftraggebers unterworfen hat. Regelmäßig wird man in diesen Fällen auch von einer arbeitsorganisatorischen Eingliederung des Beschäftigten sprechen können, sodass es für die Einordnung der Telearbeit regelmäßig keinen Unterschied macht, ob der Beschäftigte in einem Satelliten-/Nachbarschaftsbüro tätig ist oder direkt im Betrieb des Auftraggebers.
Rz. 23
Problematisch erweisen sich aber die Fälle, bei denen die Arbeit in der Wohnung des Beschäftigten ausgeübt wird. Hier scheint es auf den ersten Blick am ehesten möglich, dass der Beschäftigte eine selbstbestimmte Tätigkeit ausübt. Jedoch muss auch hier differenziert werden, wie die Tätigkeit des Beschäftigten konkret ausgestaltet ist. Dabei wird herkömmlicherweise darauf abgestellt, ob der Beschäftigte online oder offline tätig ist.
Rz. 24
Besteht zwischen dem im Homeoffice Beschäftigten und seinem Arbeitgeber eine permanente Online-Verbindung, etwa wenn der in der Wohnung des Arbeitgebers befindliche PC permanent mit dem Netzwerk des Auftraggebers verbunden ist, und kann nur auf diese Weise die konkrete Aufgabenstellung durch den Beschäftigten bewältigt werden, so führt dies regelmäßig zu der Annahme, dass es sich bei dem Beschäftigten um einen Arbeitnehmer handelt. Schließlich ist für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation eben nicht erforderlich, dass ein Beschäftigter sich physisch im Einflussbereich des Auftraggebers befindet. Vielmehr kann auch die virtuelle Verknüpfung durch eine Online-Verbindung geeignet sein, den Betreffenden als einen Teil der Betriebsorganisation des Auftraggebers anzusehen. Jedoch ist zu beachten, dass es sich hierbei lediglich um ein Indiz handelt. Gerade bei Diensten höherer Art wird zu fragen sein, ob die virtuelle Verknüpfung durch die Online-Verbindung allein schon ausreicht, um eine Einordnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis zu begründen. So sind etwa Fälle denkbar, in denen ein Rechtsanwalt, der vorwiegend zu Hause tätig ist, per Online-Verbindung mit seiner Kanzlei verbunden ist. Es versteht sich von selbst, dass in diesen Fällen die Online-Verbindung nicht einen selbstständigen Rechtsanwalt zu einem Arbeitnehmer werden lässt. Solange der Rechtsanwalt für sich selbstbestimmt tätig werden kann und die Online-Verbindung lediglich dazu nutzt, auf die seitens der Kanzlei vorgehaltenen Informationssysteme zurückzugreifen, führt dies gerade nicht zu einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation. Erst wenn die Online-Verbindung dazu dient, den Beschäftigten in seinen konkreten Arbeitsaufgaben einer Fremdbestimmung zu unterwerfen, indem ihm etwa bestimmte Aufgaben zugewiesen werden, erweist sich die Online-Verbindung als Instrument der Ausübung des Weisungsrechts als ein starkes Kriterium für die Annahme einer Arbeitnehmertätigkeit.
Rz. 25
Auch wenn sich das Arbeiten bei Online-Verbindungen zum Unternehmen häufig als Arbeitnehmertätigkeit darstellt, ist es aber nicht die Art der Verbindungen, die das Rechtsverhältnis zum Arbeitsverhältnis werden lässt, sondern vielmehr gemäß § 611a Abs. 1 S. 5 BGB die Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen die jeweilige Tätigkeit verrichtet wird. Nimmt man diesen Aspekt der Gesamtbetrachtung ernst, so verbietet sich von daher jede weitere Kategorisierung, wie sie zum Teil in der Literatur vertreten wird. Allein dadurch, dass der Auftraggeber leistungs- und/oder verhaltensbezogene Daten der Arbeit in Online-Verbindungen erfasst, wird diese Tätigkeit nicht zu einer Arbeitnehmertätigkeit, auch wenn hierdurch in die Persönlichkeitssphäre des Beschäftigten eingegriffen wird. Denn nicht jedes Schutzbedürfnis rechtfertigt die Einordnung des Rechtsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis, sondern das Arbeitsrecht will schließlich nur die abhängige Arbeit unter seinen besonderen Schutz stellen. Dies bedeutet aber nicht, dass jede Persönlichkeitsrechtsverletzung, die mit einer Tätigkeit verbunden ist, genau dieses Schutzbedürfnis auch auslöst.
Rz. 26
Ist der im Homeoffice Beschäftigte nicht dauerhaft mit dem Betrieb seines Auftraggebers verbunden, handelt es sich um e...