Rz. 32
Zwar werden eine Vielzahl von Telearbeitsverhältnissen als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren sein. Fehlt jedoch einmal die persönliche Abhängigkeit des im Homeoffice Tätigen vom Auftraggeber und ist er etwa in der Lage, selbstbestimmt seine Arbeit zu erbringen, so kann es sich um eine selbstständige Tätigkeit handeln. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreffende selbstbestimmt und persönlich unabhängig arbeitet und sich dabei keiner fremden Arbeitsorganisation unterstellt. Diesem Personenkreis muss es möglich sein, die Arbeitskraft nach selbstgestellten Zielen und Bedürfnissen des Marktes in eigener Verantwortung zu verwerten. Dies ist etwa bei hochspezialisierten EDV-Experten, die ihre Dienste verschiedenen Unternehmen zur Lösung von Problemen im Hardware- oder Software-Bereich anbieten, denkbar. Kennzeichnend für eine solche Selbstbestimmtheit der Tätigkeit ist, dass der Telearbeiter das Unternehmerrisiko trägt. Auf der einen Seite besitzt er zwar die Möglichkeit, seine Arbeitskraft Gewinn bringend zu verwenden, auf der anderen Seite besteht indes für ihn die Gefahr, dass sich aufgrund der Marktgegebenheiten seine Chancen nicht verwirklichen lassen.
Rz. 33
Da Selbstständigkeit und Arbeitnehmerstatus sich vom Grundsatz her ausschließen, folgt hieraus, dass auf die selbstständig tätigen Telearbeiter das Arbeitsrecht regelmäßig keine Anwendung findet. Allerdings macht die Rechtsordnung hierfür im Fall der sogenannten Heimarbeiter, wie auch der arbeitnehmerähnlichen Personen Ausnahmen.
Rz. 34
Gemäß § 2 Abs. 1 HAG ist Heimarbeiter i.S.d. HAG, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Der Heimarbeiter unterscheidet sich vom Arbeitnehmer dadurch, dass der Heimarbeiter sich seine Arbeitsstätte selbst wählt und nicht in Betrieben eines Arbeitgebers tätig wird. Hieraus leitet man für den Heimarbeiter eine persönliche Selbstständigkeit in der Art und Weise ab, dass dieser die Arbeitserledigung, die Arbeitsleistung und die Nutzung der Arbeitszeit selbst bestimmen kann. Es ist also nicht die persönliche Abhängigkeit, die den Heimarbeiter kennzeichnet, sondern kennzeichnend ist eine wirtschaftliche Abhängigkeit – und diese allein ist nicht geeignet, eine Arbeitnehmereigenschaft zu begründen. Da der Heimarbeiter aufgrund der gesetzlichen Definition im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern arbeitet, trifft ihn auch kein unternehmerisches Risiko, da er nicht selbst nach außen am Markt in Erscheinung tritt. Ihn belastet auch nicht die Ungewissheit, ob der Einsatz der (eigenen, wie etwa der eigene PC, oder fremden) Arbeitsmittel Erfolg hat, denn das wirtschaftliche Risiko der Verwertung der Arbeitsergebnisse trägt nicht er, sondern der Auftraggeber. Auf der anderen Seite führt dies allerdings dazu, dass er sich in Bezug auf seinen Auftraggeber in eine wirtschaftliche Abhängigkeit begibt. Diese wirtschaftliche Abhängigkeit ist es, die den Gesetzgeber motiviert hat, eine hierdurch definierte Gruppe von Selbstständigen einem besonderen Schutz zu unterstellen. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass der Heimarbeiter nicht etwa eine Sonderkategorie eines Beschäftigungsverhältnisses bildet, welches zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem freien Dienstverhältnis angesiedelt ist. Vielmehr ist zu betonen, dass Heimarbeiter eine Unterkategorie der Selbstständigen sind. Folglich wird die Frage, ob eine Person Heimarbeiter ist, erst dann virulent, wenn man nach allgemeinen Kriterien die Arbeitnehmereigenschaft verneint hat. Ist aber schon nach allgemeinen Kriterien eine Person Arbeitnehmer, so ist damit ausgeschlossen, sie als Heimarbeiter im Sinne des HAG einzuordnen. Aus der Stellung des Heimarbeiters als Selbstständiger kann aber nicht geschlossen werden, dass der Auftraggeber dem Heimarbeiter überhaupt keine Weisungen geben darf. Generelle Anweisungen zur Arbeitsdurchführung sowie die Festlegung eines Abgabetermins für die zu erledigenden Arbeiten sind auch im Rahmen der Heimarbeit möglich und führen nicht zum Verlust des Status eines Heimarbeiters. Dies wäre erst dann denkbar, wenn durch ein Weisungsrecht der Inhalt der Arbeitsleistung in der Form bestimmt werden kann, dass der Auftraggeber dem Beschäftigten unabhängig von dessen Bereitschaft einseitig Aufgaben zuzuweisen vermag. Allerdings ist zu beachten, dass die bloße Überwachungsmöglichkeit eines Beschäftigten nicht dazu führt, dass aus der Tätigkeit allein schon wegen der bestehenden Überwachungsmöglichkeit durch den Auftraggeber ein Beschäftigungsverhältnis wird.
Rz. 35
Gegen die Einordnung von Homeoffice-Arbeit als Heimarbeit im Sinne des HAG wird teilweise vorgebracht, dass nicht jede einer Angestelltentätigkeit vergleichbare Tätigkeit der Gesetzesdefinition des § 2 Abs. 1 HAG unterfalle....