Rz. 62
Die Frage nach der Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die an den Rechtsgütern des Arbeitgebers entstehen, stellt sich bei Telearbeitnehmern in besonderem Maße. Dies betrifft zunächst einmal den gesamten Hardwarebereich. Vielfach handelt es sich hier um arbeitgebereigene Geräte, wie PC, Drucker, Monitore, aber auch Notebooks. Die telearbeitsspezifische Erhöhung des Haftungsrisikos folgt häufig aus dem Umstand, dass die Telearbeit in einem Umfeld erfolgt, welches nicht so gegen schädigende Eingriffe auf das Arbeitgebereigentum geschützt werden kann, wie dies in Betriebsräumen möglich ist. Auch der mit der Telearbeit bisweilen verbundene notwendige Transport der Arbeitsmittel führt ebenfalls zu einer Risikoerhöhung. Allerdings ist das Schadenspotenzial, welches hier eintreten kann, aufgrund der ständig sinkenden Hardware-Preise beschränkt. Dies ist aber völlig anders, wenn man den Software- und den Datenbereich näher betrachtet. Wird etwa aufgrund verbotener privater Nutzung eines für die Telearbeit zu Hause vorgesehenen Rechners das Firmennetzwerk des Arbeitgebers durch einen Computervirus "infiziert", kann man sich vorstellen, dass dies zu besonderen Schäden führen kann. Aber auch, wenn von Seiten des Telearbeiters leichtfertig mit wichtigen Daten umgegangen wird, etwa wenn einem Dritten die Möglichkeit des Zugriffs auf die Kundendatei eröffnet wird, sind die Schäden enorm. Dieses Schadenspotenzial steigert sich zudem dadurch, dass der Telearbeiter nicht unmittelbar der Kontrolle durch den Arbeitgeber untersteht, sondern allein aufgrund der räumlichen Distanz sich schneller eine gewisse Leichtfertigkeit einschleichen kann. Darüber hinaus fehlt es vielfach an einem entsprechenden Bewusstsein für Datensicherheit bei den betreffenden Personenkreisen. Schnell erliegt der Telearbeiter der Vorstellung, dass die elektronischen Datenverarbeitungssysteme stets fehlerfrei arbeiten und wird dann vergessen, regelmäßige Sicherungskopien der zu bearbeitenden Datensätze zu erstellen. Bereits ein erster Blick zeigt also, dass der Haftungsfrage bei der Telearbeit eine ganz enorme Bedeutung zukommt.
Rz. 63
Wie aber bei jedem Arbeitsverhältnis gelten auch für das Homeoffice-Arbeitsverhältnis die für das Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten der Arbeitnehmerhaftung. Zwar ist ein Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber schuldhaft einen Vermögensnachteil zufügt, grundsätzlich verpflichtet, diesem nach allgemeinen Grundsätzen Schadensersatz zu leisten. Jedoch gilt dieses, wenn es sich um eine betrieblich veranlasste Tätigkeit handelt, nicht unbeschränkt. Gestützt auf eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB vollzieht die Rechtsprechung hier eine Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung. Diese basiert auf der Überlegung, dass das Prinzip der Totalreparation, wonach selbst bei leichtester Fahrlässigkeit der Schädiger auf den vollen Schaden haftet, für das Arbeitsrecht als unbillig empfunden wird. Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hatte dies zum Anlass genommen, um zunächst für besonders schadensgeneigte Tätigkeiten eine Haftungsbeschränkung vorzusehen. Später hat sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Bundesarbeitsgericht diese Einschränkung auf gefahr- oder schadensgeneigte Arbeit aufgegeben und hat Haftungserleichterungen in allen Fällen betrieblich veranlasster Tätigkeiten zugunsten des Arbeitnehmers wirken lassen. Letztlich geht es hierbei um eine Verteilung des Schadens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unter Rückgriff auf den Verschuldensgrad. Dabei vertritt die höchstrichterliche Rechtsprechung seit jeher folgende Aufteilung: Bei Vorsatz hat der Arbeitnehmer den Schaden stets, bei grober Fahrlässigkeit in der Regel allein zu tragen. Bei leichter Fahrlässigkeit trägt den Schaden in voller Höhe der Arbeitgeber. Bei mittlerer Fahrlässigkeit ist der Schaden unter Berücksichtigung aller Umstände quotal zu verteilen. Die Rechtsgrundlage für diese Haftungserleichterung entnahm man regelmäßig einer analogen Anwendung des § 254 BGB, mit dem Argument, dass der Arbeitgeber die Betriebsgefahr seines Unternehmens zu tragen habe. Trotz der Neufassung des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB gilt dieser Anknüpfungspunkt auch heute noch. Aber selbst bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers kann nicht immer angenommen werden, dass dieser auf den vollen Schaden haftet. So wird auch in diesen Fällen eine Haftungserleichterung angenommen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht.
Rz. 64
Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung finden aber nur für solche Handlungen Anwendung, die der Arbeitnehmer in Vollzug des Arbeitsverhältnisses vornimmt, also für solche Handlungen, die sich als betrieblich veranlasste Tätigkeiten darstellen. Nach allgemeiner Auffassung erfasst die Haftungsprivilegierung dagegen nicht solche Pflichtverletzungen, die etwa auf der Nicht-Erbringung der Arbeitsleistung beruhen. Dies meint etwa den ...