Rz. 132

Eltern haben das Recht, für den Fall, dass je ein Vormund die Sorge für ihre Kinder übernehmen muss, die Person des Vormundes selbst auszuwählen (§ 1776 Abs. 1 BGB). Die Berufung erfolgt durch letztwillige Verfügung (§ 1777 Abs. 3 BGB); es genügt auch die Form des gemeinschaftlichen Testaments (§ 2267 BGB). Eine Bindungswirkung wie bei wechselbezüglichen Verfügungen (§ 2270 Abs. 2 BGB) tritt hinsichtlich der Benennung des Vormundes nicht ein. Jeder Elternteil kann seine Benennung einseitig widerrufen (§§ 2253 ff. BGB). Bei der Bestimmung des Vormunds in einem Erbvertrag nimmt diese an der erbrechtlichen Bindungswirkung (§ 2278 Abs. 2 BGB) nicht teil. Eine familienrechtliche Bindung ist bewusst vom Gesetzgeber vermieden worden.[1]

 

Rz. 133

Benennen die Eltern des Kindes, die die Sorge für ihr Kind gemeinschaftlich innehaben, auch wenn sie nie miteinander verheiratet waren (vgl. § 1626a Abs. 1 BGB) oder wenn sie geschieden sind, unterschiedliche Personen zum Vormund, so gilt die Benennung durch den zuletzt verstorbenen Elternteil (§ 1776 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 134

Versterben die Eltern des Kindes, die die elterliche Sorge gemeinsam innehaben, gleichzeitig und haben sie unterschiedliche Personen zum Vormund benannt, so liegt eine wirksame Benennung eines Vormunds nicht vor.[2] In diesem Fall muss das Familiengericht nach den Grundsätzen des § 1779 Abs. 2 BGB, also unter Bevorzugung der Verwandtschaft und Schwägerschaft des Kindes, einen Vormund auswählen. Als ein Fall gleichzeitigen Versterbens ist es anzusehen, wenn ein Gatte, der kurz nach dem anderen Gatten aufgrund desselben äußeren Ereignisses stirbt und der bis zu seinem Tode zu einer Willensbildung oder Willensäußerung nicht mehr fähig war.[3] Dies beruht darauf, dass das Gesetz davon ausgeht, dass der überlebende Elternteil am besten beurteilen kann, welche Person als Vormund für das Kind geeignet ist; dessen Entscheidung ist auch dann aktuell, wenn sie vor der des verstorbenen Gatten getroffen wurde. Bei Tod beider Eltern durch dasselbe äußere Ereignis, z.B. tödlicher Autounfall, war der später versterbende Elternteil nicht mehr in der Lage, seine Entscheidung zu überprüfen, einen Willen neu zu bilden und zu äußern; dies wird aber beim überlebenden Gatten von Seiten des Gesetzes angenommen.

 

Rz. 135

Leben beide Eltern, hat aber nur ein Elternteil die Vertretung des Kindes inne (§ 1626 Abs. 3 BGB) oder hat nur ein Elternteil nach § 1671 BGB die Sorge allein inne, und stirbt dieser, so kommt es zunächst darauf an, ob das Familiengericht gemäß § 1680 Abs. 2 BGB die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil überträgt; er wird dies tun, wenn die Übertragung dem Wohl des Kindes nicht widerspricht (§ 1680 Abs. 2 BGB). Nur wenn die Übertragung der elterlichen Sorge auf den überlebenden Elternteil ausscheidet, kommt also eine Benennung zum Vormund durch den verstorbenen Elternteil zum Tragen.

 

Rz. 136

Die Eltern können mehrere Vormünder zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft oder zu einer nach Wirkungskreisen aufgeteilten Führung der Vormundschaft benennen (§ 1797 Abs. 1 und Abs. 2 BGB); der eine soll z.B. den Aufgabenkreis der Personensorge, der andere den der Vermögenssorge innehaben. Die Eltern können auch Bestimmungen für die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vormündern treffen (§ 1797 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 137

Ebenso wie Eltern gem. § 1638 BGB von der Verwaltung des ihrem Kind zugewendeten Vermögens (Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung) ausgeschlossen werden können (siehe Rdn 83 ff.), so kann der Vormund von der Verwaltung des dem Minderjährigen zugewendeten Vermögens ausgeschlossen werden (§ 1803 BGB). Die Verwaltung obliegt dann einem zu ernennenden Ergänzungspfleger/Vermögenspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 2 BGB). Siehe eingehend Rdn 141 ff.

 

Rz. 138

Eltern können weiterhin Ersatzbenennungen vornehmen: Nimmt der benannte Vormund das Amt als Vormund nicht an oder fällt er später weg, so kommt der nächstfolgende Benannte als Vormund zum Zuge.

 

Rz. 139

Voraussetzung des Benennungsrechtes ist für jeden Elternteil, dass ihm die Vertretung des Kindes zusteht; der Wortlaut des § 1777 Abs. 1 BGB ist insofern missverständlich. Die Beschränkung der Personen- oder der Vermögenssorge in einzelnen Beziehungen schadet hingegen nicht. Dass einem Elternteil im Zeitpunkt des Todes noch die Personen- und Vermögenssorge als Ganzes zusteht, wird nicht gefordert. Es genügt also, wenn er im Zeitpunkt der Benennung die gesetzliche Vertretung innehat.

 

Rz. 140

Eltern können den Vormund auch von lästigen Verpflichtungen befreien (§§ 1852 ff. BGB). Dies gilt entsprechend für den Pfleger (§ 1915 BGB). Die Befreiung geschieht durch Testament (§§ 1856, 1777 Abs. 3 BGB).

Die Befreiung erstreckt sich – mangels anderer Anordnung (§ 1852 Abs. 2 S. 2 BGB) – auf die Vorschriften über die Anlegung und Verfügung über Geld und Wertpapiere. Sie erstreckt sich auf die Befreiung von der jährlichen Rechnungslegung (§ 1854 BGB)

[1] Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1776 Rn 4.
[2] Soe...

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