1. Allgemeines
Rz. 113
Ausgangspunkt und Grundlage der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 3 StVG ist die Ungeeignetheit und fehlende Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen. (Zu den Begriffen "Eignung", "Ungeeignetheit", "Befähigung" siehe § 5 Rdn 1 ff.)
Rz. 114
Die Ungeeignetheit als Voraussetzung der Entziehung der Fahrerlaubnis muss aus erwiesenen Tatsachen hinreichend deutlich hervorgehen. Bloße Eignungszweifel genügen nicht. Vielmehr muss die Nichteignung erwiesen sein.[82] Der Fahrerlaubnisbehörde stehen insoweit die Aufklärungsmöglichkeiten der §§ 11, 13, 14 FeV zur Verfügung.[83]
Rz. 115
Weiterhin ist der Fahrerlaubnisinhaber verpflichtet, alle ihm insoweit aufgegebenen Nachweise für das Fortbestehen der Voraussetzungen der Fahrerlaubnis zu erbringen, soweit dem nicht ausnahmsweise rechtliche Grenzen gesetzt sind. Zu nennen ist hier, ein angeordnetes Gutachten beizubringen, da ansonsten auf Nichteignung gem. § 11 Abs. 8 FeV geschlossen werden kann.[84] Jedoch ergeben sich Grenzen der Mitwirkungslast bei der Preisgabe geschützter Daten, die dem allgemeinen Datenschutz oder dem Schutz von Sozialdaten unterliegen. So ist der Fahrerlaubnisinhaber nicht verpflichtet, Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden oder seine Zustimmung zu geben zur Beiziehung von Krankenunterlagen.[85]
Rz. 116
Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Alkohol- und/oder Drogenproblematik erfolgt in der Vielzahl der Fälle durch strafgerichtliche Entscheidung nach § 69 StGB. Andererseits aber ist die Ermächtigung der Verwaltungsbehörde zur Entziehung der Fahrerlaubnis in § 3 StVG geregelt. Zur Entziehung der Fahrerlaubnis im strafgerichtlichen Verfahren vgl. nachstehend § 14.
Rz. 117
Vor allem Alkohol- oder Drogenabhängigkeit führt zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und damit dem Entzug der Fahrerlaubnis nach § 3 StVG.
Rz. 118
Für das Jahr 2015 ergaben sich folgende Zahlen:[86]
Entziehung der Fahrerlaubnis durch Strafgerichte | 55.852 |
Entziehung der Fahrerlaubnis durch Fahrerlaubnisbehörden | 40.110 |
Gesamtzahl der Entziehungsfälle | 95.962 |
Die von den Fahrerlaubnisbehörden angeordneten Entziehungen hatten folgende Gründe:
körperliche Mängel | 1.017 |
geistige Mängel | 633 |
charakterliche Mängel wegen Neigung zur Trunk-, Medikamenten- oder Rauschgiftsucht | 20.212 |
Erreichen der Punkteschwelle | 5.136 |
Nichtvorlage Eignungsgutachten | 6.523 |
Nichtteilnahme Aufbauseminar/Nichtvorlage der Teilnahmebescheinigung | 3.426 |
andere Gründe | 3.163 |
2. Entzug der Fahrerlaubnis bei Alkoholproblematik
Rz. 119
Die Entziehung der Fahrerlaubnis kommt gem. § 3 StVG i.V.m. §§ 46, 11, 13 FeV in Betracht bei einer Alkoholproblematik.
Rz. 120
Zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ist auf § 13 FeV abzustellen. In dieser Vorschrift ist die mögliche "Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik" geregelt.[87]
Rz. 121
Die Regelung des § 13 Nr. 2a FeV stellt eine Auffangregelung dar. Diese bedarf aufgrund ihrer weiten Fassung einer Einschränkung dahin gehend, dass nicht jeder geringfügige Anhaltspunkt, der auf einen Alkoholmissbrauch hindeuten könnte, für dessen Annahme ausreicht. Es müssen vielmehr Tatsachen vorliegen, die bei lebensnaher Betrachtung die ernsthafte Besorgnis eines Alkoholmissbrauchs begründen können.[88] Anonymen Hinweisen kommt grundsätzlich kein eigener Erkenntniswert zu, der die Fahrerlaubnisbehörde zu einem Einschreiten gem. § 13 Nr. 2a FeV veranlassen könnte.[89]
3. Information an Mandanten über die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach früherer Trunkenheitsfahrt
Rz. 122
Muster 7.2: Teilnahme am Aufbauseminar wegen Trunkenheitsfahrt
Muster 7.2: Teilnahme am Aufbauseminar wegen Trunkenheitsfahrt
Gegen Sie steht der Vorwurf einer – erneuten – Trunkenheitsfahrt im Raum.
Es erscheint geboten, Sie auf die Möglichkeit einer eventuellen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Nachschulung im Rahmen eines Aufbauseminars hinzuweisen.
Ziel und Inhalt eines solchen Seminars ist, dass Psychologen, Therapeuten und Verkehrsmediziner versuchen, die aufgekommene Alkoholproblematik zu analysieren und Wege zu weisen, Zweifel an der Kraftfahrteignung auszuräumen.
Die aufgezeigte Maßnahme wird durchgeführt durch eine amtlich anerkannte "Begutachtungsstelle für Kraftfahrteignung".
Es erscheint mir angezeigt, dass wir die sich ergebende Problematik und das richtige Vorgehen gemeinsam erörtern. Ich bitte Sie, hierzu einen Termin mit mir zu vereinbaren.[90]
Rechtsanwalt
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