a) Abzüge "neu für alt" (n.f.a.)
Rz. 167
Führt die Reparatur zu einer Wertverbesserung, weil z.B. ein altes und verschlissenes Fahrzeug oder kurzlebige Teile davon (Motor, Reifen, Auspuff, Batterie, Lack) repariert bzw. erneuert werden, muss sich der Geschädigte dieses auf den Schadenersatz als Abzüge neu für alt (n.f.a.) anrechnen lassen. Grund: Der Geschädigte soll nicht über die Wiedergutmachung hinausgehend bereichert werden.
Rz. 168
Auch im Haftpflichtrecht (im Kaskorecht vgl. § 6 Rdn 16 ff.) sind die Reparaturkosten ggf. um die Position der Abzüge "neu für alt" zu korrigieren. Das erfolgt jedoch in wesentlich geringerem Maße als im Kaskorecht. Ausschließlich bei älteren oder ggf. auch bei ungepflegten Fahrzeugen sind – geringe – n.f.a.-Abzüge zulässig, dies ohnehin nur in dem von einem unabhängigen Sachverständigen ermittelten Maße.
Rz. 169
In der Regel beziehen sich diese Abzüge lediglich auf Reifen, Lackierungskosten (nur bei größeren Flächen bzw. Mitbeseitigung von Vorschäden) und z.T. auch auf Neuteile, wenn diese z.B. bereits an- oder durchgerostet waren.
Rz. 170
Ein Abzug neu für alt ist hingegen unzulässig, wenn es um den Austausch von Kfz-Ersatzteilen geht, die im Allgemeinen die Lebensdauer des Kfz erreichen (KG VersR 1985, 272; OLG München VersR 1966, 1192; AG Kappeln MittBl 1998, 84). Weitere Voraussetzung für einen Abzug "neu für alt" ist, dass dem Geschädigten der Abzug zumutbar ist (BGHZ 30, 29, 33f.). Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass gem. § 249 BGB grundsätzlich eine Naturalrestitution geschuldet wird, sodass es sich an sich nicht zum Nachteil für den Geschädigten auswirken darf, wenn eine solche wegen der Marktgegebenheiten nicht möglich ist. Die Zumutbarkeit eines Abzugs kann daher fehlen, wenn es sich bei dem neuen Gegenstand um einen aufgedrängten Vorteil handelt (Schneider, in: Berz/Burmann, Kap. 5 B, Rn 44 ff.).
Tipp
Abzüge n.f.a. können dadurch vermieden werden, dass reparaturbedürftige Verschleißteile durch Gebrauchtteile oder Ersatzteile von Billiganbietern ersetzt werden. Dann tritt eine Wertverbesserung in der Regel nicht mehr ein. Zumindest kann so der wirtschaftliche Nachteil des Abzuges wieder aufgefangen werden.
Rz. 171
Bei unfallbedingtem Einbau eines neuen Katalysators ist die Frage, ob Abzüge "alt für neu" vorzunehmen sind, entschieden worden: Durch den Einbau eines neuen Katalysators wird weder ein höherer Verkaufserlös erzielt noch tritt eine Wertverbesserung des Fahrzeuges ein, und deshalb sind n.f.a.-Abzüge nicht gerechtfertigt (AG Fürstenwalde DAR 1998, 147).
b) Reparatur mit Gebrauchtteilen
Rz. 172
Seit sich der Arbeitskreis VII des 37. Deutschen Verkehrsgerichtstages 1999 mit diesem Thema befasst hat, ist die Kfz-Reparatur mit Gebrauchtteilen offiziell im Gespräch (Reinking, Kfz-Reparatur mit Gebrauchtteilen, DAR 1999, 56 ff.).
Rz. 173
Problematisch ist dabei sowohl die Frage der Gleichwertigkeit der Reparaturausführung im Verhältnis zur Neuteilereparatur als auch die schnelle Verfügbarkeit von geeigneten Gebrauchtteilen auf dem Teilemarkt, der einer computergesteuerten Logistik bedarf, die zur Zeit noch fehlt. Außerdem muss sicher ein Risikozuschlag berücksichtigt werden, um dem Rechtsgedanken der Restitution des § 249 BGB Genüge zu tun. Immerhin trägt das Werkstatt- und Prognoserisiko im gesamten Schadensrecht grundsätzlich (Ausnahme: Auswahlverschulden des Geschädigten) der Schädiger (BGHZ 63, 182).
Rz. 174
Nicht zuletzt stellt sich die Frage des Erlöschens von Garantieansprüchen gegenüber dem Hersteller des Fahrzeuges sowie der Gewährleistung und der Garantie auf das gebrauchte Ersatzteil. Deshalb kann eine Verwendung von Gebrauchtteilen im Sinne "zeitwertgerechter Reparatur" gegenwärtig nur eingeschränkt in Betracht kommen.
c) Alternative Reparaturmethoden ("Smart Repair")
Rz. 175
Unter dem Stichwort "Smart Repair" werden in den letzten Jahren alternative Reparaturmethoden diskutiert, bei denen Kleinschäden am Fahrzeug repariert werden im Gegensatz zu einem Austausch bzw. einer Neulackierung des betroffenen Fahrzeugteils. Hierunter fallen das Ausbeulen von Metallanbauteilen, die Kunststoffreparatur an Außenteilen, die Spot Lackierung und die Steinschlagreparatur an Windschutzscheiben sowie eine Vielzahl weiterer Methoden (Hermann, Dokumentation VGT 2015, 261 ff.; vgl. auch Nugel, NZV 2015, 12 ff.).
Fraglich ist hierbei haftungsrechtlich bzw. schadensrechtlich, inwieweit sich der Geschädigte mit der oft deutlich günstigeren Reparatur begnügen muss oder den Austausch verlangen kann. Inwieweit es sich bei den diskutierten alternativen Reparaturmethoden tatsächlich um neue Methoden handelt oder diese Techniken schon lange Zeit praktiziert werden (so Hermann, VGT 2015, S. 261 ff.; vgl. dazu Huber, zfs 2015, 424, 425 f.), scheint unklar.
Rz. 176
Der Arbeitskreis VI des 53. Deutschen Verkehrsgerichtstages (VGT) hat sich im Jahre 2015 mit dem Thema befasst und durch die nachfolgend genannten Empfehlungen den Streitstand wie folgt zusammengefasst:
Zitat
1. Unabhängig vom Auftraggeber muss der Kfz-Sachverständige bei jeder Begutachtung eines Haftpflichtschadens alle zur fachgerechten...