a) Abrechnung nach tatsächlich entstandenen Reparaturkosten

 

Rz. 415

Die einschließlich Mehrwertsteuer tatsächlich bezahlte Reparaturkostenrechnung wird beim Versicherer eingereicht und muss dann einschließlich der gezahlten Mehrwertsteuer erstattet werden. Es ergibt sich keine Änderung zur bisherigen Abrechnungspraxis. Im Falle des Bestreitens muss der Geschädigte den "Anfall der Mehrwertsteuer" nachweisen.

 

Rz. 416

Das gilt im Übrigen auch für den Staat und seine eigenen Schadensersatzansprüche, z.B. bei den üblichen Schäden an Leitplanken u.Ä. Der BGH hat diese Frage inzwischen entschieden (BGH zfs 2005, 124 ff. = DAR 2005, 19 ff. mit Anmerkung von Halm, der sich kritisch mit diesem Urteil auseinandersetzt). Danach steht auch dem Staat ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer zu, wenn er die Reparaturrechnung an eine Fachfirma bezahlt hat, obwohl die Umsatzsteuer letztlich über die Abführung an das Finanzamt mittelbar wiederum dem Staate zufließt. Es liegt kein Fall des Vorteilsausgleichs vor. Dies würde nämlich voraussetzen, dass sich ein durch den Schadensfall ausgelöster Vorteil dauerhaft im Vermögen des Geschädigten niederschlägt und dadurch die endgültige Schadensbilanz verringert. Demgegenüber ergibt sich der Anspruch der Bundesrepublik auf die Umsatzsteuer aus der Steuerhoheit des Staates, und zwar unabhängig davon, auf welchem umsatzsteuerpflichtigen Geschäft er beruht (Müller, Aktuelle Fragen des Haftungsrechts, zfs 2005, 54, 56).

b) Abrechnung des Reparaturaufwandes fiktiv auf Gutachtenbasis

 

Rz. 417

Dieser Fall ist ebenfalls unproblematisch. Hier kann der Geschädigte nur noch den Nettobetrag verlangen. Sind die geschätzten Kosten im Gutachten inkl. Mehrwertsteuer errechnet, ist der angegebene Reparaturkostenbetrag um die darin enthaltenen 19 % Mehrwertsteuer, also um ca. 15,97 %, zu kürzen.

 

Rz. 418

Die Frage, ob der Geschädigte, der später (nach der Abrechnung auf Nettobasis) unter der Vorlage von Belegen Mehrwertsteuer verlangt, diese dann noch ersetzt bekommt, wird nachstehend behandelt.

c) Abrechnung des Reparaturaufwandes fiktiv auf Gutachtenbasis unter Vorbehalt der Nachforderung

 

Rz. 419

Der Geschädigte, der den Unfallschaden erst später beheben lassen will, kann sich die Nachforderung der Mehrwertsteuer offen halten. Eine andere Frage ist es, ob er dies sogar auch tun muss (siehe Rdn 130 ff.). Es wird dann zunächst auf Nettobasis abgerechnet. Wird dann später von dem Geschädigten die bezahlte Rechnung mit Mehrwertsteuer vorgelegt, hat dieser einen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer. Es können sich dann folgende Varianten ergeben:

aa) Rechnungsbetrag höher als geschätzter Kostenaufwand

 

Rz. 420

Hat sich die Kostenschätzung als zu niedrig erwiesen, ergibt sich der erforderliche Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB aus der Rechnung. Der Geschädigte kann jetzt im Wege der Nachberechnung den gesamten Rechnungsbetrag einschließlich der Mehrwertsteuer abzüglich des schon erhaltenen Nettobetrages verlangen.

 

Rz. 421

 

Beispiel

 
Reparaturkosten laut Gutachten, brutto 5.950 EUR
Reparaturkosten laut Rechnung, brutto 6.500 EUR
abzgl. bereits erstatteter Nettobetrag 5.000 EUR
Noch zu ersetzender Betrag 1.500 EUR

Die Schätzung der Schadenhöhe durch das Gutachten hat sich in diesem Fall als nicht zutreffend herausgestellt. Die Reparaturkosten sind daher in vollem Umfang zu ersetzen.

bb) Rechnungsbetrag niedriger als geschätzter Kostenaufwand

 

Rz. 422

Hat sich die Kostenschätzung als zu hoch erwiesen, ergibt sich ebenfalls der erforderliche Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB aus der Rechnung. Dies gilt zumindest dann, wenn es sich nicht um eine Rechnung für eine so genannte Teil- oder Billigreparatur (siehe dazu Rdn 429 f.), sondern um die Rechnung für eine in jeder Hinsicht fach- und sachgerechte Reparatur handelt. In diesem Fall ist der Schadensersatz auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten beschränkt (BGH v. 3.12.2013 – VI ZR 24/13 – VersR 2014, 214 = zfs 2014, 142). Jetzt kann der Geschädigte zwar ebenfalls im Wege der Nachberechnung den gesamten Rechnungsbetrag verlangen, muss aber hinnehmen, dass die ursprünglich nach dem Gutachten gezahlte Nettovergütung in vollem Umfang gegengerechnet wird. Dies ist dann die notwendige Konsequenz daraus, dass die Abrechnung auf Gutachtenbasis nur als vorläufige Abrechnung bzw. als Abrechnung unter Vorbehalt anzusehen ist.

 

Rz. 423

 

Beispiel

 
Reparaturkosten laut Gutachten, brutto 5.950 EUR
Reparaturkosten laut Rechnung, brutto 5.500 EUR
abzgl. bereits erstatteter Nettobetrag 5.000 EUR
Noch zu ersetzender Betrag 500 EUR

Bei nachträglicher Erstattung auf Reparaturkostenbasis werden demnach nur die tatsächlichen Reparaturkosten ausgeglichen. Keinesfalls erfolgt eine Erstattung der gesamten Mehrwertsteuer aus dem Gutachten. Der Schaden hat sich vorliegend auf die tatsächlich gezahlten 5.500 EUR konkretisiert.

d) Vorbehaltlose fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis mit späterem Ersatz der Mehrwertsteuer unter Vorlage des entsprechenden Zahlungsbeleges

 

Rz. 424

Hier stellt sich das schon oben (siehe Rdn 130 ff.) angesprochene Problem, inwieweit sich der Schaden durch die zuerst erfolgte Abrechnung konkretisiert hat. Wertet man die Abrechnung des Geschädigten als die Ausübung eines Wahlrechtes, so würde eine Konkretisierung auf die zuerst vorgenommene Abrechnung (fiktiv oder konkret) eintreten.

 

Rz. 425

Lemcke (Gefährdungshaftung im Straßenverkehr unter Berücksichtigung der Änderungen durch das 2. SchadÄndG, zfs 2002, 318) tendiert dahin, da...

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