Rz. 301
Nahezu alle Versicherungsgesellschaften haben das Weisungsrecht aus § 7 III AKB auch auf die Verwertung des Restwertes ausgedehnt (ebenso nunmehr ausdrücklich E.3.2 AKB 2008). Anders als beim Haftpflichtfall ist bei Kaskoschäden also stets die Weisung des Versicherers abzuwarten, bevor eine Restwertrealisierung vorgenommen werden kann.
Rz. 302
Auch ein weiterer Unterschied besteht zum Haftpflichtrecht: Es ist zunächst einmal alleiniges Recht des Versicherers, einen – ggf. versicherungseigenen – Sachverständigen mit der Bewertung des Fahrzeugschadens, insbesondere des Restwertes, zu beauftragen.
Rz. 303
Tipp
Es ist daher gefährlich, wenn der Versicherungsnehmer ohne Rücksprache mit seinem Kaskoversicherer von sich aus einen Sachverständigen beauftragt. In der Regel wird der Kaskoversicherer dessen Gutachten nicht akzeptieren. Er ist auch nicht verpflichtet, das dadurch entstandene Sachverständigenhonorar zu ersetzen (so nunmehr ausdrücklich A.2.8 AKB 2008).
Rz. 304
Zwar kann der Versicherungsnehmer anschließend einen eigenen Sachverständigen mit der Schadensschätzung beauftragen. Da dessen Gutachten aber jedenfalls dann nicht vom Kaskoversicherer akzeptiert wird, wenn es von den Werten des versicherungseigenen Sachverständigen nennenswert abweicht, ist dann der Weg über das Sachverständigenverfahren gem. § 14 AKB bzw. A.2.17 AKB 2008 möglich, inzwischen allerdings gem. A.2.6 der neuesten AKB 2015 nicht mehr obligatorisch (vgl. dazu § 13 Rdn 268 f.).
Rz. 305
D.h., der Versicherungsnehmer kann gegenüber seinem Kaskoversicherer das Sachverständigenverfahren schriftlich formell eröffnen und seinen Sachverständigen benennen, verbunden mit der Aufforderung an den Kaskoversicherer, dessen Sachverständigen binnen einer Frist von 14 Tagen ebenfalls zu benennen. Versäumt er die Frist, gilt allein das Gutachten des Sachverständigen des Versicherungsnehmers. Ein Mitarbeiter einer Partei (z.B. beim Versicherer angestellter Sachverständiger) kann nicht als Sachverständiger für den Sachverständigenausschuss benannt werden (BGH v. 10.12.2014 – IV ZR 281/14 – NZV 2015, 184).
Rz. 306
Ansonsten setzen sich die beiden Sachverständigen zusammen und versuchen eine einvernehmliche Einigung, was in der Regel scheitert. Dann bestimmen beide einen Obersachverständigen, der oft salomonisch zu einem Ergebnis gelangt, das in der Mitte zwischen beiden Sachverständigen liegt.
Rz. 307
Entsprechend dem prozentualen Ergebnis von Obsiegen zu Unterliegen werden dann alle insgesamt entstandenen Sachverständigenkosten auf Versicherungsnehmer und Versicherer verteilt. Das hat dann oft die Konsequenz, dass der mühsam erreichte Mehrerlös durch die Sachverständigenkosten wieder aufgezehrt wird, weshalb sich das Sachverständigenverfahren aus praktischen Erwägungen heraus in der Regel nicht lohnt und nur noch selten durchgeführt wird.
Rz. 308
Soweit bekannt, gewährt nur die ADAC-Rechtsschutzversicherung für ein solches Sachverständigenverfahren Kostenschutz (vgl. § 5 Abs. 1 g ADAC-VRB 2008 sowie 4.1 Ziff. 5 ADAC RB 2018), sodass der Versicherungsnehmer in der Regel das volle Kostenrisiko allein trägt.