Rz. 255
Der Gläubiger des Anspruchs muss pflichtteilsberechtigt sein, also zum Kreis der abstrakt Pflichtteilsberechtigten gehören (siehe § 2303 BGB); daher darf das Pflichtteilsrecht nicht durch einen Pflichtteilsverzicht (§ 2346 Abs. 2 BGB) oder durch eine Pflichtteilsentziehung (§§ 2333 ff. BGB) verloren gegangen sein.[652] Von mehreren Pflichtteilsberechtigten kann jeder für sich den Anspruch gegen den Beschenkten geltend machen, sie sind Gesamtgläubiger (§ 428 BGB).[653] Dies ermöglicht nach § 430 BGB einen Innenausgleich der Ergänzungsberechtigten, wenn der Wert des Geschenks wegen eines Wertverfalls nicht zur Deckung aller Ansprüche ausreicht.[654] Im Grundsatz kann auch ein Sozialhilfeträger aus übergeleitetem Recht Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Beschenkten geltend machen.[655]
Rz. 256
Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so könnte außer ihm niemand aus dem Nachlass die Ergänzung verlangen. Daher bestimmt § 2329 Abs. 1 S. 2 BGB, dass ein Ergänzungsanspruch des Alleinerben (§ 2326 BGB) sich von Anfang an gegen den Beschenkten richtet. Damit bietet auch die Einsetzung des Pflichtteilsberechtigten zum Alleinerben keine Möglichkeit, den Schutz des § 2325 BGB bei ergänzungspflichtigen Schenkungen zu unterlaufen. Auch muss der Alleinerbe die Erbschaft nicht ausschlagen, um den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten nach § 2329 BGB geltend machen zu können. Allerdings ist hier die Anrechnung des Erbteils nach § 2326 S. 2 BGB zu beachten, wobei bei dieser Anrechnung Beschränkungen und Beschwerungen i.S.v. § 2306 Abs. 1 BGB nicht mindernd in Abzug gebracht werden können. Demnach kann ein durch solche Beschränkungen wirtschaftlich fast völlig entwerteter Erbteil den Ergänzungsanspruch vollständig beseitigen; dagegen hilft bei der Falllage des § 2306 Abs. 1 BGB jedoch die Ausschlagung zur Pflichtteilserlangung (siehe Rdn 208 f.).[656] Zur Frage, inwieweit der pflichtteilsberechtigte Alleinerbe, der die Erhebung der Einrede nach § 2328 BGB unterlassen hat, deswegen Ansprüche gegen den Beschenkten gelten machen kann, siehe Rdn 248.
Rz. 257
Bei mehreren pflichtteilsberechtigten Miterben ist der Anspruch nach § 2325 BGB eine normale Nachlassverbindlichkeit, für welche die Erben als Gesamtschuldner haften (§ 426 BGB), so dass sich die Haftung des Beschenkten bereits nach § 2329 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt und eine Analogie zu § 2329 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erforderlich ist.[657]
Rz. 258
Auch die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens berührt die Befugnis des Alleinerben zur Geltendmachung des Ergänzungsanspruchs nicht.[658] Hieran zeigt sich gerade, dass der Anspruch nicht zum Nachlass gehört.
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