Rz. 39
Auch wenn der Drittbegünstigte außerhalb des Nachlasses erwirbt, können immerhin noch Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen. Bei den hier vorliegenden Verträgen zugunsten Dritter kommt es für das Eingreifen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs aber auf das Valutaverhältnis zwischen Erblasser (und seinen Erben) und dem begünstigten Dritten an; hier muss eine Schenkung vorliegen. Die Rechtsnatur des schuldrechtlichen Grundgeschäfts ist daher sorgfältig zu prüfen. In Betracht kommt dabei bei Zuwendungen an Abkömmlinge eine Ausstattung (§ 1624 BGB). Bei Ehegatten kann es sich um ehebezogene Zuwendungen handeln. Zur Behandlung im Rahmen von § 2325 BGB siehe Rdn 51 ff. Ehebezogene Zuwendungen können im Einzelfall unterhaltsrechtlich geboten oder zur Vergütung früher erbrachter Dienste geleistet sein, weshalb der Schenkungscharakter in diesen Fällen ausnahmsweise zu verneinen ist. Vgl. zu unterhaltsrechtlich gebotenen, ehebedingten Zuwendungen unten Rdn 52, 58 ff. Auf die vor allem von Langenfeld gestellte Frage nach der "legitimen Vermögensteilhabe" des anderen Ehegatten, etwa am Familienwohnheim, wird nachfolgend (siehe Rdn 57) eingegangen.
Rz. 40
In der Praxis findet sich sehr häufig die kapitalbildende Lebensversicherung als sog. gemischte Todes- und Erlebensfallversicherung. Bei dieser soll der Versicherte/Versicherungsnehmer die Versicherungssumme bei Erleben eines bestimmten Stichtages (etwa des 65. Lebensjahres) erhalten, bei seinem Vorversterben soll sie an den Bezugsberechtigten fallen. Die h.M. leitet aus der Unwiderruflichkeit der Bezugsberechtigung ab, dass dem Begünstigten das Vermögen bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers sofort zugewiesen sei, jedoch sei der Rechtserwerb des Bezugsberechtigten auflösend bedingt dadurch, dass der Versicherungsnehmer den Fälligkeitszeitpunkt erlebt. Tritt die auflösende Bedingung nicht ein, so hat die Zuwendung Bestand und kann Gegenstand eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs sein, wenn hierin eine Schenkung i.S.v. § 2325 Abs. 1 BGB zu sehen ist. Aber auch hier kann im Einzelfall eine ehebedingte Zuwendung vorliegen, die unterhaltsrechtlich geboten und daher nicht ergänzungspflichtig ist. Vgl. zu unterhaltsrechtlich gebotenen, ehebedingten Zuwendungen unten Rdn 52, 58 ff. So hat der BGH ausdrücklich ausgesprochen, dass bei einer gemischten Lebensversicherung neben die Fürsorge für den bezugsberechtigten Dritten die eigene Altersversorgung des Versicherungsnehmers trete, also offenbar gerade nicht verdränge.
Rz. 41
Doch wie ist die Situation bei einer Risikolebensversicherung? Sofern der Begünstigte einer Risikolebensversicherung unentgeltlich das Bezugsrecht erhält, kann ebenso eine Schenkung vorliegen. Die spannende Frage ist nur, was genau der Schenkungsgegenstand ist. Manche sehen den Verkehrswert einer Risikolebensversicherung bzw. den Verkehrswert der Versicherungsleistung als Schenkungsgegenstand im Sinne von § 2325 Abs. 3 BGB an und lehnen die Prämien als Schenkungsgegenstand ab. Ist schon bei einer Kapitallebensversicherung nicht zwingend der Rückkaufswert der Verkehrswert, so gilt das noch mehr für eine Risikolebensversicherung, die über keinen Rückkaufswert verfügt, vgl. § 169 VVG. Zum möglichen Schenkungsgegenstand einer Risikolebensversicherung siehe nachfolgenden Abschnitt.