Rz. 94
Das Berufungsurteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Entgegen der Ansicht der Revision ließ sich die Annahme einer unfallbedingten Dienstunfähigkeit des G. von mehr als sechs Monaten nicht aus einer Bindungswirkung der "Bescheide" vom 10. Januar und 1.3.2012 und des Urteils des VG Trier vom 30.9.2014 herleiten.
Rz. 95
Dem Beamten G. stand gegen den Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen der von den Vorinstanzen festgestellten Körperverletzung aus § 823 Abs. 1 BGB zu, der auch den unfallbedingten Verdienstausfall erfasst. Dieser Anspruch war gemäß § 72 Abs. 1 S. 1 Beamtengesetz Rheinland-Pfalz auf die Klägerin als Dienstherrin insoweit übergegangen, als diese während einer auf der gesundheitlichen Schädigung beruhenden Dienstunfähigkeit oder infolge der gesundheitlichen Schädigung dem G. gegenüber zu Leistungen (hier: Fortzahlung der Bezüge) verpflichtet war. Die Klägerin hatte daher neben ihrer Leistungspflicht zur Fortzahlung der Bezüge darzulegen und zu beweisen, dass dem Beamten G. gegen den Beklagten für den gesamten von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum vom 3.8.2010 bis zum 31.3.2012 ein Anspruch auf Ersatz des (normativen) Verdienstausfallschadens aus § 823 Abs. 1 BGB zustand, dass also die Dienstunfähigkeit des G. während dieses gesamten Zeitraums eine adäquate Folge der Körperverletzung war. Da es sich dabei um eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität handelt, die den ursächlichen Zusammenhang zwischen der primären Rechtsgutsverletzung und weiteren Schäden des Verletzten (Sekundärschäden) betraf, galt das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO. Die revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen, dass lediglich eine Dienstunfähigkeit von sechs Monaten adäquat kausal auf die Auseinandersetzung vom 2.8.2010 zurückzuführen sei, griff die Revision nicht an. Sie meinte aber, dass aus rechtlichen Gründen wegen der Bindungswirkung der bestandskräftigen "Bescheide" vom 10. Januar und 1.3.2012 sowie des rechtskräftigen Urteils des VG Trier vom 30.9.2014 von einer unfallbedingten Dienstunfähigkeit des G. bis zum 31.3.2012 auszugehen sei. Dies traf nicht zu.
Rz. 96
Bei dem im Berufungsurteil konkret in Bezug genommenen Schreiben der Klägerin vom 10.1.2012 handelte es sich lediglich um die Mitteilung der Absicht, den Beamten G. wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen und damit nicht um einen Verwaltungsakt, der in Bestandskraft erwachsen und Bindungswirkung entfalten könnte.
Rz. 97
Mit dem im Berufungsurteil konkret in Bezug genommenen Verwaltungsakt v. 1.3.2012 war G. wegen dauernder Dienstunfähigkeit gem. § 26 BeamtStG in der Fassung v. 17.6.2008 in den Ruhestand versetzt worden. Dieser Verwaltungsakt war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestandskräftig geworden. Der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts erstreckte sich indes nicht auf die hier entscheidende Frage, ob bzw. für welchen Zeitraum die Dienstunfähigkeit adäquat-kausal auf der Schädigung durch den Beklagten beruhte; er konnte insoweit – unabhängig von der Frage seiner persönlichen Reichweite – schon inhaltlich keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit entfalten.
Rz. 98
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die Nachprüfung von Verwaltungsakten den ordentlichen Gerichten grundsätzlich nicht zu. So hat der Bundesgerichtshof etwa entschieden, dass die ordentlichen Gerichte an die Anerkennung eines Unfalls als Dienstunfall durch eine Verwaltungsbehörde bei der Entscheidung darüber, ob ein Schadensersatzanspruch durch § 46 BeamtVG ausgeschlossen ist, gebunden sind, selbst wenn es an einer ausdrücklichen Bestimmung zur Bindungswirkung fehlt (BGH, Urt. v. 14.1.1993 – III ZR 33/88, BGHZ 121, 131, 134 ff., juris Rn 10 ff.). Der Umfang der Bindungswirkung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts wird aber von dessen Regelungsinhalt bestimmt und durch diesen begrenzt. Nur mit der in ihm verbindlich mit Wirkung nach außen getroffenen Regelung kommt dem Verwaltungsakt die sog. Tatbestandswirkung zu.
Rz. 99
Handelt es sich bei dem Verwaltungsakt um die Versetzung eines unfallverletzten Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit, so erstreckt sich sein Regelungsinhalt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die Frage, ob die Zurruhesetzung adäquate Folge des Unfalls ist; diese Frage unterliegt – anders als etwa die Frage, ob die Zurruhesetzung von der Verwaltungsbehörde zu Recht ausgesprochen wurde – daher der selbstständigen Prüfung durch die ordentlichen Gerichte, die über den auf den Dienstherrn übergegangenen Schadensersatzanspruch des dienstunfähigen Beamten zu entscheiden haben. Ebenso wenig regelt die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit, ob und für welchen Zeitraum die Dienstunfähigkeit des Beamten (als Voraussetzung für die Zurruhesetzung) eine adäquate Folge des Unfalls ist.
Rz. 100
Die Versetzung des G. in den Ruhestand durch Bescheid der Kläger...