Rz. 45
Das Berufungsgericht hielt die – allein noch im Streit befindlichen – Feststellungsanträge der Kläger zu 2) und zu 3) für unzulässig. Die Kläger hätten sich für ihr Feststellungsbegehren ausschließlich auf andauernde unfallbedingte Störungen der Psyche (Depressionen) berufen. Soweit sich diese Anträge auf die Ersatzpflicht für hieraus resultierende finanzielle Belastungen (Arztbehandlungen, Medikamente) bezögen, mangele es der Klage an dem erforderlichen Feststellungsbedürfnis. Die Kläger hätten weder hinreichend dargetan, dass bei ihnen psychische Störungen mit Krankheitswert aufgetreten seien, noch sei ersichtlich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Auftreten solcher Beeinträchtigungen zu rechnen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass in den zurückliegenden Jahren für keinen der Kläger entsprechende Kosten angefallen seien. Sollte es dem entgegen künftig zu unfallbedingten psychischen Erkrankungen der Kläger kommen, stünde der Geltendmachung diesbezüglicher Ansprüche eine Rechtskraft des Urteils nicht entgegen.
Rz. 46
Die Beurteilung des Berufungsgerichts zu den Feststellungsanträgen der Kläger zu 2) und zu 3) hielt den Angriffen der Revision nicht stand. Die Überlegungen im Berufungsurteil, die teilweise auf nicht verfahrensfehlerfrei zustande gekommenen Feststellungen beruhten, trugen die Verneinung des Feststellungsinteresses und die Abweisung dieser Anträge als unzulässig nicht.
Rz. 47
Das Berufungsgericht ging beanstandungsfrei davon aus, dass die Anträge der Kläger zu 2) und zu 3) auf die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten ausschließlich für Schäden aus psychischen Störungen mit Krankheitswert, insbesondere Depressionen, gerichtet waren. Es ging insoweit um von diesen beiden Klägern befürchtete künftige materielle Beeinträchtigungen, die aus einer unfallbedingten Gesundheitsbeschädigung im Hinblick auf das traumatische Erlebnis des Todes ihrer Mutter resultieren könnten.
Rz. 48
Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich eines solchen – vorliegend allein noch auf § 7 Abs. 1 StVG gegründeten – Schadensersatzanspruchs, der noch nicht abschließend mit der Leistungsklage geltend gemacht werden konnte, ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Anspruchsgegner seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede stellt und durch die Klageerhebung einer drohenden Verjährung nach § 14 StVG i.V.m. § 852 BGB entgegengewirkt werden soll. Geht es dabei um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer nach Behauptung der Kläger bereits eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setzt das Feststellungsinteresse weiter die Möglichkeit dieses Schadenseintritts voraus; diese ist zu verneinen, wenn aus der Sicht der Kläger bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. z.B. Senatsurt. BGHZ 116, 60, 75 m.w.N.); entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann im Rahmen der Zulässigkeit nicht darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit gefordert werden.
Rz. 49
Ein in solcher Weise zulässig gestellter Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, also insbesondere ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff in ein nach § 7 Abs. 1 StVG geschütztes Rechtsgut des Geschädigten gegeben ist, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann. Ob darüber hinaus im Rahmen der Begründetheit eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist (vgl. dazu z.B. Senatsurt. v. 15.7.1997 – VI ZR 184/96, VersR 1997, 1508, 1509 m.w.N.; BGH, Urt. v. 15.10.1992 – IX ZR 43/92, BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Schadensersatz 2 und v. 23.4.1991 – X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2708), bedurfte unter den Umständen des Streitfalls keiner abschließenden Entscheidung. An der Erforderlichkeit eines solchen zusätzlichen Begründungselements hat der Senat Zweifel jedenfalls für den Fall, dass – wie hier – Gegenstand der Feststellungsklage ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts ist (vgl. hierzu auch von Gerlach, VersR 2000, 525, 531 f.).
Rz. 50
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durfte das Berufungsgericht nicht ohne weitere Sachaufklärung zu einer vollständigen Abweisung der Feststellungsanträge der Kläger zu 2) und zu 3) gelangen, sie insbesondere nicht mangels Feststellungsinteresses für unzulässig erachten. Die Revision rügte zu Recht, dass sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verfahrensfehlerhaft nicht hinreichend mit entscheidungserheblichem Sachvortrag und Beweisangeboten der Kläger auseinandergesetzt hatte.
Rz. 51
Die Kläger hatten in der Berufungsbegründung vorgetragen, beim Kläger zu 2), der habe miterleben müssen, wie seine Mutter verstarb, und der noch vergeblich versucht habe, ihr zu helfen, sie aus dem Auto zu ziehen und mit ihr zu sprechen, seien nach dem Unfall psychisch bedingte Lähmungserscheinungen aufgetreten;...