Rz. 74
Für den Fall, dass die Versicherungssumme den Wert des versicherten Reisegepäcks erheblich übersteigt, können sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer entsprechend § 74 VVG die Herabsetzung der Versicherungssumme und der Prämie verlangen. Diese Voraussetzungen werden sich im Regelfall bei einer kürzeren Vertragsdauer für die Reisezeit eines Monats etwa erst nach Ablauf der Vertragsdauer feststellen lassen, so dass danach Maßnahmen nach § 74 VVG nicht mehr in Betracht kommen. Die Klausel hat aber Bedeutung für Jahresversicherungen, die nach Eintritt des Versicherungsfalls und Feststellung der Überversicherung noch entsprechend angepasst werden können. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei Jahresversicherungen das Reisegepäck einer jeden Reise abgedeckt ist. Das gilt sowohl für den Wochenendtrip, den der Versicherungsnehmer alleine unternimmt, als auch für den mehrwöchigen Familienjahresurlaub.
Rz. 75
Was für den Fall einer Unterversicherung gilt, gilt im Prinzip auch für den Fall einer Überversicherung. Ein Fall der Nichtigkeit des Versicherungsvertrages nach § 74 Abs. 2 VVG wird mangels rechtswidriger Bereicherungsabsicht regelmäßig nicht vorliegen, da eine Bereicherung des Versicherungsnehmers tatsächlich gar nicht eintreten kann.
Wandelt man den vorerwähnten Fall nur dahingehend ab, dass als Versicherungssumme 25.000 EUR vereinbart waren, und belässt es bei den übrigen Werten, dann würde sich rechnerisch nach der obigen Formel ein Ersatzanspruch in Höhe von 11.329,37 EUR ergeben. Aufgrund von Punkt 9.2 AVB Reisegepäck 1992/2021 ist jedoch der Versicherungsanspruch auf den Zeitwert der zu entschädigenden Teile des Reisegepäcks (8.536 EUR) beschränkt. Die Entschädigungsgrenze aus Punkt 4.1 AVB Reisegepäck 1992/2021 ist in Höhe von regelmäßig 50 % der Versicherungssumme nicht berührt. Die Überversicherung führt aber dazu, dass voller Ersatz des Zeitwertes zu leisten ist.
Rz. 76
Die Regelung der Mehrfachversicherung (Punkt 14 AVB Reisegepäck 1992/2021) entspricht den Regelungen der §§ 77–79 VVG. Im Falle einer Mehrfachversicherung haften die Versicherer dem Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner für die Beträge, die nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen sind, wobei der Versicherungsnehmer insgesamt nicht mehr als den Schadenbetrag verlangen kann (§ 78 Abs. 1 VVG). Entsprechend bestimmt sich das Verhältnis der beteiligten Versicherer im Innenverhältnis.
Zur Vermeidung von Ausgleichsansprüchen im Rahmen der Mehrfachversicherung enthalten die Versicherungsbedingungen oft Subsidiaritätsklauseln. Diese dürfen jedoch nicht zu Lasten des Versicherten angewandt werden.
Ist die Mehrfachversicherung in Unkenntnis des Versicherungsnehmers entstanden, kann die Aufhebung des später geschlossenen Vertrages oder eine verhältnismäßige Herabsetzung der Versicherungssummen und Prämien verlangt werden.