Rz. 35
Der besondere Kündigungsschutz nach dem Verlangen der und während der Elternzeit setzt voraus, dass der elternzeitberechtigten Person ein Anspruch auf Elternzeit zusteht, der geltend gemacht oder verwirklicht wurde. Ob ein Anspruch auf Elternzeit besteht, ist nach der objektiven Rechtslage zu beurteilen. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht vor, weil z.B. das zu betreuende Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, besteht kein Sonderkündigungsschutz. Die Elternzeit muss nicht in dem Arbeitsverhältnis genommen werden, das zur Zeit der Geburt des Kindes bestand. Besonders kündigungsgeschützt ist daher auch die elternzeitberechtigte Person, die in einem neuen Arbeitsverhältnis Elternzeit geltend macht, die beim früheren Arbeitgeber noch nicht vollständig genommen wurde.
Rz. 36
Die Elternzeit muss wirksam verlangt worden sein. Gem. § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG ist das Verlangen schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären und gleichzeitig anzugeben, für welche Zeiträume die Elternzeit genommen werden soll. Schriftlich bedeutet in diesem Zusammenhang die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB und setzt die eigenhändige Originalunterschrift auf dem Dokument voraus. Ein Telefax genügt diesen Anforderungen nicht. Es kann jedoch im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess auf die fehlende Schriftform beruft, obwohl er es zuvor hingenommen hat, dass der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt. Die bloße Beantragung von Elterngeld stellt weder ein Verlangen dar, noch führt sie zu einer Elternzeit "von Amts wegen". Liegt kein wirksames Verlangen vor, geht der besondere Kündigungsschutz dennoch nicht verloren, wenn das Verlangen nachgebessert wird und somit den gesetzlichen Voraussetzungen genügt. In diesem sowie in dem Fall, dass die Frist für die Geltendmachung nicht eingehalten worden ist, verschiebt sich lediglich der Zeitpunkt des Eingreifens der Elternzeit.
Praxishinweis
In umgekehrter Weise bedeutet dies aber auch, dass bei einem formell mangelhaften Verlangen der Elternzeit durch den Arbeitnehmer der Sonderkündigungsschutz des § 18 BEEG zunächst nicht eingreift. Der Arbeitnehmer läuft in diesem Fall Gefahr, dass das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber durch Kündigung beendet wird. Hierbei darf sich der Arbeitgeber allerdings nicht rechtsmissbräuchlich verhalten, indem er sich z.B. einerseits auf die Nichteinhaltung der Schriftform beruft, andererseits die Elternzeit aber selbst gegenüber der Krankenkasse schon angezeigt hat.