Gundolf Rüge, Dr. iur. Marcus Hartmann
Rz. 2
Das am 1.1.1991 in Kraft getretene Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG; oben weitgehend abgedruckt) regelt den Ausgleich zivilrechtlicher Ansprüche auf Ersatz von Personen- und Sachschäden, die durch Umwelteinwirkungen auf dem Boden-, Luft- oder Wasserpfad entstanden sind. Für diese Umweltschäden haftet der Inhaber bestimmter Anlagen (vgl. Anhang I des Gesetzes) nach den Regeln der Gefährdungshaftung. Verschärft wird die Haftung noch durch Beweiserleichterungen und Auskunftsansprüche. Das UmweltHG ist bis heute im Wesentlichen unverändert geblieben. Das Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld vom 17.7.2017 hat seit der Vorauflage auch im UmweltHG zu einer Ergänzung geführt: Nunmehr sieht § 12 Abs. 3 UmweltHG einen Entschädigungsanspruch für Hinterbliebene vor, die wegen der Tötung eines ihnen besonders nahestehenden Menschen zur Linderung ihrer Trauer und ihres seelischen Leids eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen können.
Rz. 3
Von dem UmweltHG zu unterscheiden ist das Umweltschadensgesetz vom 10.5.2007, das zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2004/35/RG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden erlassen wurde. Dessen Schutzgut sind ökologische Schäden, mithin allgemeine Schäden an der Umwelt. Demgemäß regelt dieses Gesetz die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit durch Informations-, Vermeidungs- und Sanierungsmaßnahmen, die behördlich überwacht und mit einer Kostentragungspflicht sowie Rechtsschutzmöglichkeiten für Umweltverbände bewehrt sind.
Rz. 4
Nachfolgend werden die Grundzüge des zivilrechtlichen Umwelthaftungsrechts dargestellt. Dabei haben Inhalt, Aufgabe und Umfang des Buches Grenzen gesetzt, so dass wegen spezieller Fragen auf die oben angeführte Literatur verwiesen werden muss. Seit Inkrafttreten des Umwelthaftungsgesetzes hat sich die Tendenz bestätigt, die Salje bereits 1998 so gekennzeichnet hat: Über die Umwelthaftung wird zwar viel geschrieben und diskutiert, höchstrichterlich entschiedene Fälle gibt es aber kaum.
Rz. 5
Die Haftung für zivilrechtliche Umweltschäden nach dem Umwelthaftungsgesetz ist nicht umfassend ausgestaltet, sondern zweifach eingeschränkt. Sie ist einerseits nur auf den Ausgleich individueller Schäden durch Umwelteinwirkungen gerichtet, während Summations- und Distanzschäden sowie die an Allgemeingütern verursachten Schäden wie Waldsterben, Ozonloch und Meeresverschmutzung ausgeschlossen bleiben. Sie betrifft andererseits nur solche Umwelteinwirkungen, die von bestimmten Anlagen ausgehen, die in Anhang 1 zu § 1 UmweltHG in 96 Ziffern abschließend aufgezählt sind. Der Anlagenkatalog des Anhangs 1 ist seit Inkrafttreten des Umwelthaftungsgesetzes im Jahre 1991 unverändert geblieben. Fraglich ist die Anwendbarkeit des § 1 UmweltHG, wenn sich eine im Anhang 1 aufgeführte technische Anlage mit einer nicht vom Anhang 1 umfassten Einrichtung zu einer Betriebsstätte vereinigt. Für in Anhang 1 nicht aufgeführte Anlagen wie Tankstellen, chemische Reinigungsbetriebe, Vulkanisieranlagen oder Anlagen zur Sanierung von schadstoffbelasteten Böden, Anlagen zur Tierintensivhaltung und zur Erzeugung elektromagnetischer Wellen wie Sendemasten sowie Windkraftanlagen, deren Gefahrenpotenzial denen des Anlagenkatalogs entsprechen oder dieses sogar übertreffen kann, bleibt es hingegen bei der Verschuldenshaftung nach § 823 BGB. Für Schäden infolge der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid ist mit § 29 Abs. 1 des Gesetzes zur Demonstration der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid vom 17.8.2012 eine eigenständige Haftungsnorm des Anlagenbetreibers bzw. Genehmigungsinhabers geschaffen worden. Zur Haftung für Austritte brennbarer, ätzender oder giftiger Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten aus Leitungen vgl. die Ausführungen zur Anlagenhaftung nach § 2 HaftpflG, § 3 B.