Rz. 29

Maßgebend für die Bestimmung des Zeitaufwandes ist der Umfang der Pflegschaftsgeschäfte. Dieser bestimmt sich im Wesentlichen nach der aufgewendeten Arbeitszeit.[34] Durch die Verweisung von § 1915 BGB auf den Umfang der Tätigkeiten hat der Gesetzgeber einen Wechsel zum Stundensatzsystem vollzogen.[35] Andere Abrechnungssysteme sind nicht mehr anwendbar.[36]

 

Rz. 30

Eine Zeiterfassung ist daher erforderlich und geboten. Da jedoch bei der Vergütungsfestsetzung keine starre Bindung an die geleistete Zeit mehr besteht, kann der Zeitaufwand für die Dokumentation der einzelnen Arbeitsschritte des Nachlasspflegers auf ein Mindestmaß begrenzt werden. An die Dokumentation des Zeitaufwandes dürfen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Der Zeitaufwand, der auf die Erstellung der Tätigkeitsauflistung entfällt, ist nicht vergütungsfähig.[37]

 

Rz. 31

Eine minutengenaue Zeiterfassung ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die Angaben die Feststellung der ungefähren Größenordnung ermöglichen und Grundlage einer gegebenenfalls durchzuführenden Schätzung entsprechend § 287 ZPO sein können.[38]

 

Rz. 32

Eine Aufstellung über den Zeitaufwand kann sich daher auf Oberbegriffe wie "Aktenanlage", "Wohnungsbesichtigung", "Korrespondenz", "Telefonat", "Besprechung", "Erbenermittlung", "Postbearbeitung", "Nachlassverzeichnis", "Berichterstattung", "Verwaltungsabrechnung" etc. beschränken.

 

Rz. 33

Mit dem Oberbegriff "Korrespondenz" ist dann nicht nur die reine Abfassung eines Schreibens, sondern die zuvor notwendige im Zusammenhang stehende Tätigkeit gemeint. Dazu gehören beispielsweise die vor dem Verfassen des Schreibens stehende Akteneinsicht, das Aufrufen des Falles in der EDV, die Formulierung und Eingabe (ggf. durch Diktat), das Abspeichern, unter Umständen das Heraussuchen und Kopieren von beizufügenden Anlagen, das Ausdrucken, Korrekturlesen, Unterzeichnen, Falzen, Kuvertieren, Frankieren, die Postaufgabe, etc. Hinzu kommt ggf. die für die Korrespondenz nötige Rücksprache mit Mitarbeitern, Klärung von Sachfragen, usw. Insoweit hat sich eine Pauschalierung des Zeitaufwandes nach der Stückzahl, Länge und Schwierigkeit von Schreiben bewährt und es ist sachgerecht, den Aufwand für die Dokumentation hierzu in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Praxisgerecht ist es daher, für derartige Schreiben, je nach Umfang 10, 15, 20, 30 oder auch mehr Minuten pro Stück pauschal in Ansatz zu bringen.

 

Rz. 34

Unter den Oberbegriff Erbenermittlung fällt beispielsweise die Auswertung von Urkunden und anderen Unterlagen, die häufig in Sütterlin verfasst sind und bei denen bereits die Auswertung und "Übersetzung" erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Hinzu kommen ergänzende Elemente der Bearbeitung wie zum Beispiel Urkundenanalyse hinsichtlich weiterer Ermittlungsansätze, die Feststellung standesamtlicher Zuständigkeiten, telefonische Ermittlungen zum Erhalt, zur Verfügbarkeit und insbesondere zum Aufbewahrungsort möglicher Quellen (z.B. historische Melderegister, Kirchenbücher, Bestände von Stadtarchiven usw.).

Wichtig ist jedoch, dass sich die einzelne Tätigkeit durch Beiziehung der Handakte nachprüfen lässt.

 

Rz. 35

Gemäß §§ 1837 Abs. 2, 1962 BGB gilt, dass der Nachlasspfleger nur einer Kontrolle im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns unterliegt. In bloßen Zweckmäßigkeitsfragen kann das Nachlassgericht kein bestimmtes Handeln vorschreiben oder untersagen. Im Rahmen des ihm zugewiesenen Wirkungskreises handelt der Nachlasspfleger eigenverantwortlich und führt sein Amt selbstständig. Eine vom Nachlasspfleger geltend gemachte Vergütung kann das Nachlassgericht nicht deshalb kürzen, weil es die erbrachte Tätigkeit für unangebracht und ein anderes Vorgehen für zweckmäßiger gehalten hätte.[39]

 

Rz. 36

Muster 7.2: Zeitdokumentation

 

Muster 7.2: Zeitdokumentation

 
Datum Zeit in Minuten Blatt der Hauptakte Tätigkeit
1.5.2015 20 1–17 Fahrt zum Amtsgericht, Bestellung zum Nachlasspfleger, Fallbesprechung
1.5.2015 135 18–39 Aktenstudium, Erstellung von Schreiben an: _________________________
2.5.2015 120 40 Wohnungsbesichtigung und Nachlasssicherung
2.5.2015 75 41–58 Sichtung von Unterlagen aus der Nachlasswohnung und Erstellung von Schreiben an: _________________________
2.5.2015 5 59 Telefonat mit: _________________________
3.5.2015 6 60–66 E-Mail/Postbearbeitung
     
5.7.2015 105 103–112 Erstellung Antrittsbericht und Nachlassverzeichnis
     
16.9.2015 65 187–195 Erstellung Schlussbericht und abschließende Verwaltungsabrechnung
[34] OLG Schleswig v. 14.1.201 – 3 Wx 63/09, FGPrax 2010, 140; Eulberg, in: Tanck/Uricher, Erbrecht, § 9 Rn 227.
[35] OLG Brandenburg v. 27.9.2010 – 6 Wx 2/10, ZEV 2010, 637.
[36] So ausdrücklich für am Nachlasswert ausgerichtete Vergütungstabellen: OLG Schleswig, Beschl. v. 14.1.2010 – 3 Wx 63/09, FGPrax 2010, 140 m.w.N. Ausführliche Darstellung der verschiedenen Abrechnungssysteme bei Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, Rn 843 ff. und 861 ff. und bei Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rn 771 ff.
[37] OLG Schleswig ...

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