Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Nachlassplegers: Stundensatz des anwaltlichen Nachlasspflegers bei vermögenden Nachlass

 

Normenkette

BGB § 1915 Abs. 1 S. 2, §§ 1960, 1836 Abs. 1; VBVG § 3

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Beschluss vom 15.06.2013; Aktenzeichen VI 1159/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG -Erfurt vom 15.6.2013 geändert.

Dem Beteiligten zu 1) wird auf seinen Antrag vom 2.2.2012 für seine Tätigkeit in der Zeit vom 26.9.2011 bis zum Verfahrensabschluss eine Vergütung i.H.v. 4.645,90 EUR zzgl. 106,11 EUR Auslagenersatz zzgl. 902,86 EUR USt., mithin 5.654,87 EUR brutto, bewilligt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 2.073,63 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der verwitwete und kinderlose Erblasser ist am 8.8.2011 verstorben. Die Eltern des Erblassers sowie die einzige Schwester sind vorverstorben.

Das AG -Nachlassgericht -Erfurt hat mit Beschluss vom 22.9.2011 die Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" sowie "Ermittlung der Eben" angeordnet und den Beteiligten zu 1), einen Rechtsanwalt, zum Nachlasspfleger bestellt. In dem Beschluss des Nachlassgerichts wird festgestellt, dass der Nachlasspfleger die Pflegschaft berufsmäßig führt.

Der Nachlass des Erblassers bestand im Wesentlichen aus einem Girokonto, einem Rentenfonds sowie einem bei der Deka-Bank unterhaltenen Depot. Der Erblasser hat bis zu seinem Tod zur Miete gewohnt; für die Wohnung war eine Mietkaution hinterlegt. Der Mietvertrag musste gekündigt und die Wohnung geräumt werden.

Am 27.12.2011 erteilte das Nachlassgericht einen Erbschein, wonach der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge von den Beteiligten zu 2) bis 4) beerbt worden ist. Der Beteiligte zu 2) ist der Sohn der vorverstorbenen Schwester des Erblassers. Der Beteiligte zu 3) ist ein eheliches Kind, die Beteiligte zu 4) ein nichteheliches Kind eines weiteren Sohnes der Schwester der Erblassers, der gleichfalls vorverstorben ist.

Durch Beschluss vom 24.1.2012 hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft aufgehoben, da mit Feststellung der Erben der Grund für die Anordnung der Nachlasspflegschaft entfallen sei.

Mit Schriftsatz vom 27.2.2012 legte der Nachlasspfleger seinen Schlussbericht vor und beantragte unter Beifügung einer Zeitaufstellung mit stichwortartiger Angabe seiner Tätigkeiten, seine Vergütung für die Zeit vom 26.9.2011 bis Verfahrensabschluss auf4.645,90 EUR zzgl. 106,11 EUR Auslagenersatz zzgl. 902,86 EUR gesetzliche Umsatzsteuer (insges. 5.654,87 EUR) festzusetzen. Der Nachlasspfleger geht in seiner Abrechnung von 66,37 Arbeitsstunden und einem Stundensatz von 70 EUR aus. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 153 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 2) äußerte Einwände gegen den geltend gemachten Stundensatz. Weder die Ermittlung der Erben noch die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sei mit besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art verbunden gewesen.

Das Nachlassgericht setzte die Vergütung des Beteiligten zu 1) für die Führung der Nachlass- pflegschaft durch Beschluss vom 15.6.2012 auf 2.920,28 EUR zzgl. 106,11 EUR Auslagenersatz zzgl. 19 % Ust. i.H.v. 554,85 EUR (insg. 3.581,24 EUR) fest. Das Nachlassgericht führte aus, dem beantragten Stundensatz von 70 EUR könne wegen der einfachen Nachlassabwicklung nicht entsprochen werden. Der Umfang und die Schwierigkeit der pflegerischen Geschäfte würden nur einen Stundensatz von 40 EUR rechtfertigen (vgl. Bl. 175 ff. d.A.).

Gegen den ihm am 20.6.2012 zugestellten Beschluss legte der Nachlasspfleger am 9.7.2012 Beschwerde ein. Er hält daran fest, dass Art und Umfang seiner Tätigkeiten einen Stundensatz von 70 EUR angemessen erscheinen ließen. Auf die Beschwerde vom 9.7.2012 sowie den Schriftsatz vom 5.11.2012 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 23.8.2012, Bl. 193f d.A.).

II.1. Die Zuständigkeit des OLG ergibt sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG.

Die Beschwerde des Nachlasspflegers ist gem. §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1 FamFG zulässig. Die Beschwer beträgt für den Nachlasspfleger 2.073,63 EUR und übersteigt damit den Beschwerdewert von 600 EUR. Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 63 Abs. 1 FamFG) hat der Nachlasspfleger eingehalten.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a. Der Beteiligte zu 1) als Rechtsanwalt übt die Nachlasspflegschaft berufsmäßig aus, wie sich aus dem Beschluss des Nachlassgerichts vom 22.9.2011 betreffend die Anordnung der Nachlasspflegschaft und die Bestellung des Beteiligten zu 1) als Nachlasspfleger ergibt. Der Nachlass verfügt auch über ausreichende Mittel zur Bezahlung einer Vergütung für den Nachlasspfleger. Ausweislich des von dem Beteiligten zu 1) vorgelegten Nachlassverzeichnisses (vgl. Bl. 69 ff. d.A.) besteht der Aktivnachlass aus einem die beantragte ...

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