a) Interesse der Rechtsberater an Erleichterung der Verjährung
Rz. 118
Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und ihre Gesellschaften werden anstreben, ihre Haftungslage, die durch das neue Verjährungsrecht erheblich verschlechtert wurde (vgl. Rdn 12), zu verbessern, indem sie ihren Auftraggebern eine Vereinbarung – entweder im Einzelfall oder durch AGB – zur Erleichterung der Verjährung von Regressansprüchen anbieten (§ 202 BGB). Auf diesem Wege können sie ihre Haftung mittelbar beschränken.
Rz. 119
Zu diesem Bestreben dürfte beitragen, dass eine – formlos gültige – Verjährungsabrede auf den ersten Blick einfacher, leichter erreichbar und erfolgversprechender erscheint als eine formbedürftige, an enge Voraussetzungen gebundene vertragliche Begrenzung von Ersatzansprüchen gem. §§ 52 Abs. 1, 59m Abs. 2 BRAO, §§ 45a, 52m Abs. 2 PatAnwO, §§ 67a Abs. 1, 72 Abs. 1 StBerG, §§ 54a Abs. 1, 56 Abs. 1 WPO. Diese Vorschriften sind aus Sicht vieler Rechtsberater wenig praktikabel, weil der Wunsch nach einer unmittelbaren Haftungsbeschränkung auf den Auftraggeber abschreckend wirken und ein zeitaufwendiges, schwerfälliges und umständliches Aushandeln erfordern kann sowie eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall oder durch AGB rechtlich unsicher ist; auch wenn die Praxis trotz dieser Hürden mehr und mehr von Haftungsbeschränkungsvereinbarungen Gebrauch macht, hat § 52 BRAO v.a. in der Rechtsprechung bislang keine Bedeutung erlangt. Erstrebenswert kann für Rechtsberater auch eine Verbindung einer vertraglichen Haftungsbegrenzung gemäß den genannten Bestimmungen mit einer Verjährungsvereinbarung i.S.d. § 202 BGB sein.
Tatsächlich entsprechen aber die Anforderungen an eine wirksame vertragliche Haftungsbegrenzung gemäß den genannten Bestimmungen – nebst den dadurch aufgeworfenen Rechtsfragen und Unsicherheiten – weitgehend den Voraussetzungen einer wirksamen Verjährungsvereinbarung (vgl. Rdn 124 ff.).
Rz. 120
Mandanten werden nur selten an ihre Rechtsberater mit dem Wunsch herantreten, die Verjährung von Regressansprüchen gem. § 202 BGB zu erschweren. Das neue Verjährungsrecht hat die Chancen geschädigter Auftraggeber und geschützter Dritter, einen vertraglichen oder vorvertraglichen Schadensersatzanspruch gegen einen Rechtsberater durchzusetzen, so sehr verbessert, dass eine weitere Erschwerung der Verjährung von Schadensersatzansprüchen – auch aus Deliktsrecht – als überflüssig erscheint.
b) Berechtigtes Anliegen
Rz. 121
Das Anliegen der Rechtsberater, ihre Berufshaftung durch eine Verjährungsvereinbarung mittelbar zu beschränken, ist in angemessenem Rahmen berechtigt.
Das Haftungsrisiko des – allerdings durch eine Berufshaftpflichtversicherung geschützten – Rechtsberaters aus seiner beruflichen Tätigkeit in einer verrechtlichten, international verflochtenen Gesellschaft ist hoch. Die Haftung eines Rechtsanwalts schon wegen leichter Fahrlässigkeit kann sich auf einen Schaden erstrecken, der weit über den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hinausgehen und deswegen für den Rechtsanwalt unkalkulierbar und damit leicht unversicherbar sein kann. Gegen Anwälte und ihre Gesellschaften werden heute durchaus realistische Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die sich im zwei- und dreistelligen Millionenbereich, in Einzelfällen sogar im Milliardenbereich bewegen. Letzteres betrifft natürlich in aller Regel international agierende Großkanzleien. Dennoch sind auch die durchschnittlichen Anspruchshöhen bei mittleren und kleineren Kanzleien stetig gewachsen. Das hohe Haftungsrisiko können Rechtsanwälte "nicht über den Preis für ihre Dienstleistung wirtschaftlich auf die Kunden abwälzen"; trotz der Möglichkeiten einer Honorarvereinbarung (§ 4 RVG) ist die Bindung der Rechtsanwälte an die gesetzlichen Vergütungsvorschriften stark. Die Risikodeckung durch eine Haftpflichtversicherung ist begrenzt, weil Versicherungsprämien von einer bestimmten Höhe an in keinem angemessenen Verhältnis zum verdienten Honorar stehen. Die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen entspricht auch der fortschreitenden Entwicklung des Rechtsanwalts zum Unternehmer auf dem Dienstleistungsmarkt (vgl. § 14 Abs. 1 BGB) und der "Entpersonalisierung des Mandats". Dies gilt für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer entsprechend.
Rz. 122
Andererseits übernimmt der Mandant auch mit einer mittelbaren Beschränkung der Haftung seines Rechtsberaters durch eine Verjährungsvereinbarung ein hohes – möglicherweise seine Existenz bedrohendes –, weitgehend unkalkulierbares u...