Rz. 146
Eine Verjährungsvereinbarung im Einzelfall kann nur eine zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelte Abrede sein (vgl. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Mehrere Anwaltsverträge zwischen denselben Parteien erfordern grds. jeweils gesonderte Verjährungsabreden i.S.d. § 202 BGB. Eine Individualvereinbarung kann nur vorliegen, "soweit" die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt wurden (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Diese Voraussetzung muss jeweils im konkreten Mandatsfall erfüllt werden. Danach kann die Haftung nicht im Voraus für alle künftigen Einzelmandate im Rahmen eines Dauermandats beschränkt werden.
Rz. 147
Es ist zu erwarten, dass die Prüfung, ob eine Verjährungsvereinbarung eine Abrede im Einzelfall oder AGB sind, an die Rechtsprechung zu § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (früher § 1 Abs. 2 AGBG) anknüpfen wird. Diese stellt strenge Anforderungen an eine Individualabrede, um die Einhaltung der Schutzvorschriften des AGB-Rechts zu gewährleisten. Danach ist es im Ergebnis erforderlich, dass die Zustimmung des Auftraggebers zu der vom Rechtsanwalt vorgeschlagenen Verjährungsvereinbarung als Ausdruck rechtsgeschäftlicher Selbstbestimmung und -verantwortung gewertet werden kann. Das setzt ein Aushandeln in der Weise voraus, dass der Rechtsanwalt seinen Vorschlag – den "gesetzesfremden Kerngehalt" der angestrebten Verjährungsvereinbarung – inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Mandanten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, den Inhalt der Vereinbarung zu beeinflussen. Danach sind Verhandlungsbereitschaft des Rechtsanwalts und tatsächliche Änderungsmöglichkeit des Mandanten die maßgeblichen Merkmale des Aushandelns einer individuellen Vereinbarung über eine Verjährungserleichterung.
Rz. 148
Notwendiger Bestandteil des Aushandelns ist es, dass der Rechtsanwalt oder ein anderer Rechtsberater seinen Auftraggeber über Bedeutung und Tragweite einer angestrebten verjährungserleichternden Einzelvereinbarung aufklärt.
Das ergibt sich schon aus den Verhaltenspflichten jeder Partei aus dem Schuldverhältnis der Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB). Bei der Anbahnung eines Vertrages hat eine Partei dem anderen Teil diejenigen entscheidungserheblichen Umstände mitzuteilen, über die dieser eine Aufklärung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) redlicherweise erwarten darf; danach besteht eine Aufklärungs- und Warnpflicht dann, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut. Daher muss ein Rechtsanwalt oder ein anderer Rechtsberater den regelmäßig rechtsunkundigen Auftraggeber darüber aufklären, welches Risiko er mit der Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung eingeht.
Auch die Rechtsprechung verlangt unter dem Begriff "Aushandeln" i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (früher § 1 Abs. 2 AGBG) eine gewisse Aufklärung des Verhandlungspartners. Dafür genügen ein Verlesen des Vertragstextes und eine allgemeine Belehrung nicht. Der ausdrückliche Hinweis auf die Bedeutung einer Erklärung macht diese noch nicht zur Individualabrede. Für ein Aushandeln reicht es nicht aus, dass der Inhalt einer Klausel dem Verhandlungspartner lediglich erläutert und mit diesem erörtert wird und dies dessen Vorstellung entspricht.
Rz. 149
Schließlich ergibt sich eine im eigenen Interesse gebotene Aufklärungsobliegenheit des Rechtsberaters aus §§ 138, 242 BGB (vgl. Rdn 152 ff.).