Rz. 27
Auch hier gilt: Die zu den alten Vorschriften (§§ 68, 72 Abs. 1 StBerG a.F.) ergangene Rechtsprechung zum Schadenseintritt und damit zum Verjährungsbeginn kann auf § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB angewendet werden.
a) Ersatzanspruch aus steuerlicher Beratung
aa) Pflichtverletzung vor Erlass des belastenden Steuerbescheids
Rz. 28
Liegt die Pflichtverletzung vor Erlass des belastenden Steuerbescheids, so ist nach der neuen "Risiko-Schaden-Formel" (vgl. Rdn 22 ff.) die – den Verjährungsbeginn auslösende – Schadensentstehung regelmäßig anzunehmen mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids gem. § 122 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 2 AO, nicht erst mit dessen Bestandskraft oder Unanfechtbarkeit. Macht der in den Schutzbereich eines Umsatzsteuermandats einbezogene Geschäftsführer einer GmbH Ansprüche geltend, läuft für ihn die Verjährung mit Bekanntgabe des Haftungsbescheids an. Beim einheitlichen Feststellungsbescheid, der ggü. mehreren Beteiligten bekannt gegeben wird, genügt die Bekanntgabe ggü. dem ersten Beteiligten, ohne dass es sich dabei um den Geschädigten handeln muss. Das kann auch die Gesellschaft sein, an der der Mandant beteiligt ist, oder deren steuerlicher Berater selbst. Es genügt, wenn es sich nicht um eine Steuerfestsetzung, sondern lediglich um die selbstständige Feststellung von Bemessungsgrundlagen (z.B. Gewerbesteuermessbescheid) handelt, wenn diese für die nachfolgende Steuerfestsetzung bindend ist. Das gilt entsprechend für einen Feststellungsbescheid, wenn Verluste des Mandanten niedriger festgestellt werden, als dies bei korrekter Vertretung möglich gewesen wäre. Es liegt allerdings kein Schaden vor, wenn ein Gewerbesteuermessbescheid auf Null lautet, weil damit keine Besteuerungsgrundlage für die nachfolgende Steuerfestsetzung festgeschrieben wird.
Die Verjährung beginnt auch dann frühestens mit der Bekanntgabe des nachteiligen Steuerbescheids, wenn der Steuerberater eine Ausschlussfrist versäumt hat. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerberater seinem Mandanten unzutreffende Auskünfte hinsichtlich einer Erbteilsveräußerung erteilte. Entstehen infolge schuldhafter Pflichtverletzung eines Steuerberaters Mehrsteuern, deren Begleichung den Mandanten mit Kreditkosten belastet, so beginnt die Verjährung eines Anspruchs auf Ersatz von Zinsschäden einheitlich in dem Zeitpunkt, in dem die erste Steuerzahlung aus Kreditmitteln erfolgt, frühestens aber mit Erlass des Steuerbescheids, der die Steuerzahlung aus Kreditmitteln notwendig macht. Bei Steuervorauszahlungen ist auf den Zeitraum abzustellen, der durch den Vorauszahlungsbescheid festgelegt wird. Wird über das Entstehen von Aussetzungszinsen fehlerhaft beraten, beginnt der Lauf der Verjährung mit der Bekanntgabe des ersten Bescheids. Mit Rücksicht darauf, dass die Jahresumsatzsteueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO), entsteht ein Schaden des Auftraggebers in Gestalt vermeidbarer Umsatzsteuern infolge fehlerhafter Selbstveranlagung mit der Einreichung der Anmeldung beim FA. Führt eine fehlerhafte Anmeldung einer GmbH-Geschäftsführerin zu unnötigen Sozialversicherungsleistungen, beginnt die Verjährung spätestens mit Zahlung des ersten Sozialversicherungsbeitrags, und zwar auch für alle weiteren Beiträge.
Entsteht dem Auftraggeber ausnahmsweise infolge der Pflichtverletzung des Steuerberaters ein Schaden vor Zugang des Steuerbescheids, etwa weil er vorher Sicherheit für das Steuerrisiko zu leisten hat, so ist dieser frühere Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn maßgeblich. Das gilt auch, wenn aufgrund einer fehlerhaften Gestaltung schon Kosten zur Rückgängigmachung dieser Gestaltung aufzuwenden waren.
Die Verjährung eines Regressanspruchs wird nicht dadurch gehindert, dass der steuerliche Berater für seinen Auftraggeber Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegt. Unterlässt es der Steuerberater allerdings pflichtwidrig, dem Mandanten noch vor Beendigung des Mandats zu empfehlen, gegen einen erwarteten Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen, beginnt die Verjährung erst mit Bestandskraft des Feststellungsbescheids. Erst dann entsteht der Schaden, der im Verlust des Steuererstattungsanspruchs besteht, wenn keine Rechtsmittel eingelegt werden.