Mehrheitserfordernisse
Die Vorgaben zu den Stimmrechtsverhältnissen sind nun grundlegend anders als bisher. Das bisher bestehende Mehrheitserfordernis, nach dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte Rechts- bzw. Patentanwälten bzw. den Steuerberatern zustehen muss (und das Gegenstand eines dem Bundesverfassungsgericht vorgelegten Verfahrens ist (AGH Stuttgart, AGH 13/18 II bzw. BVerfG 1 BvL 8/18), wird entfallen. Anders als bisher sind damit Berufsausübungsgesellschaften denkbar, in denen nicht die Rechts- bzw. Patentanwälte bzw. Steuerberatern die Kapital- und / oder Stimmrechtsmehrheit haben, sondern die sonstigen Gesellschafter oder in denen es gar keine Mehrheit für eine bestimmte Gesellschaftergruppe gibt.
Stimmrecht
Personen, die nicht zum zulässigen Gesellschafterkreis gehören, haben – wie bisher – ausdrücklich kein Stimmrecht und können nicht zu Stimmrechtsbevollmächtigten anderer Gesellschafter bestellt werden (§ 59i Abs. 4 und Abs. 5 BRAO, § 52j Abs. 4 und Abs. 5 PAO, § 55a Abs. 4 und Abs. 5 StBerG).
Geschäftsführung und Vertretung
Mit Blick auf die Geschäftsführung in Berufsausübungsgesellschaften gibt es nun ebenfalls keine Mehrheitserfordernisse. Ausreichend (aber erforderlich!) soll es sein, dass dem Geschäftsführungsorgan – je nachdem, ob man sich in der BRAO, der PAO oder dem StBerG bewegt – Rechts- bzw. Patentanwälte oder Steuerberater in vertretungsberechtigter Anzahl angehören. Ungeachtet dessen können nur Personen, die zum zulässigen Gesellschafterkreis gehören (also alle Freiberufler) Mitglied der Geschäftsführungsorgane sein (§ 55j Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 BRAO, § 52j Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 PAO, § 55b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StBerG). Somit können Geschäftsführer mit anderen Berufen nicht bestellt werden. Ausgeschlossen ist auch die Bestellung als Geschäftsführer bei Personen, denen eine Zulassung als Rechtsanwalt zu versagen wäre oder gegen die anwaltsgerichtliche Maßnahmen verhängt wurden.
Wichtig: Unabhängigkeit von Weisungen bleibt
Besonderen Wert legt auch die neue Gesetzesfassung auf die Klarstellung, dass die Unabhängigkeit aller Rechts- bzw. Patentanwälte bzw. Steuerberater unberührt bleibt. Weisungen, die in die Kerntätigkeit dieser Personen eingreifen, sind ausnahmslos unzulässig. Dies gilt für Weisungen an die Geschäftsführer ebenso wie für Weisungen der Geschäftsführer an die angestellten oder frei mitarbeitenden Rechtsanwälte (§ 59j Abs. 1 S. 3 und Abs. 6 BRAO, § 52j Abs. 1 S. 3 und Abs. 6 PAO, § 55b Abs. 1 S. 3 und Abs. 6 StBerG).
Für Handlungsbevollmächtigte und Prokuristen sind die Vorschriften – wie bisher – in großen Teilen entsprechend anzuwenden ; so müssen beispielsweise auch sie einem sozietätsfähigen oder freien Beruf angehören (§ 55j Abs. 7 BRAO, § 52j Abs. 7 PAO, § 55b Abs. 7 StBerG).
Aufsichtsorgane
Die für die Geschäftsführungsorgane getroffenen Vorschriften, gelten für Aufsichtsorgane von Berufsausübungsgesellschaften entsprechend (ebenfalls § 55j BRAO, § 52j PAO, § 55b StBerG).
Dies gilt sowohl für die Vorschriften zur Eignung als Mitglied eines Aufsichtsorgans (Mitglied der freien Berufe, keine Versagungstatbestände) als auch den Pflichtenkreis (sanktionsbewehrte unmittelbare Geltung der Berufspflichten).
Übertragbarkeit von Gesellschaftsbeteiligungen
Im bislang geltenden Berufsrecht ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht zwingend an die Zustimmung der Gesellschafter gebunden. Zwar sehen die meisten Gesellschaftsverträge von Rechts- bzw. Patentanwalts- oder Steuerberatungsgesellschaften eine solche Vinkulierung auf freiwilliger Basis vor, mit der gesetzlichen Neuregelung wird diese Übertragungsbeschränkung jedoch verpflichtend (§ 59i Abs. 2 BRAO, § 52j Abs. 2 PAO-, § 55a Abs. 2 StBerG).
Gesellschaftsanteile an Berufsausübungsgesellschaften können also nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung übertragen werden. Diese Zustimmungskompetenz ist nicht übertragbar (z. B. auf einzelne Gesellschafter oder Geschäftsführungsorgane). Dadurch sollen berufsrechtswidrige Zustände vermieden werden, die entstehen könnten, wenn Gesellschaftsanteile wirksam auf eine Person übertragen werden könnten, die nicht zum zulässigen Gesellschafterkreis gehört.
Mit Inkrafttreten der Neuregelung muss somit bei jeder Berufsausübungsgesellschaft eine Vinkulierung im Gesellschaftsvertrag verankert sein.
Handelt es sich bei der Berufsausübungsgesellschaft um eine AG oder KGaA, müssen die an die Gesellschafter ausgegebenen Aktien auf den Namen lauten, da nach den allgemeinen aktienrechtlichen Vorschriften nur für diese Aktiengattung eine Vinkulierung überhaupt möglich ist. Für Steuerberatungsgesellschaften gilt eine entsprechende Vorgabe bereits jetzt (§ 50 Abs. 5 StBerG).
Für den Erbfall sollte der Gesellschaftsvertrag ebenfalls Regelungen treffen, die den Eintritt von Erben oder Vermächtnisnehmern verhindern, die die Vorgaben zum zulässigen Gesellschafterkreis nicht erfüllen (z. B. durch entsprechende Einziehungs- oder Ausschlussklauseln). Fehlt es daran und treten doch Personen in den Gesellschafterkreis ein, die nicht als Gesellschafter zugelassen sind (z. B. weil sie einen nicht-freien Beruf ausüben oder nicht aktiv in der Gesellschaft mitarbeiten), haben sie zum einen kein Stimmrecht (dazu oben). Die zuständige Kammer wird in diesen Fällen außerdem eine angemessene Frist setzen, binnen derer die Gesellschaftsanteile von auf als Gesellschafter zulässige Personen übertragen werden müssen. Läuft die Frist, die üblicherweise ein Jahr beträgt, fruchtlos ab, wäre die Zulassung der Berufsausübungsgesellschaft zu widerrufen (§ 59h Abs. 3 Nr. 1 BRAO, § 52h Abs. 3 Nr. 1 PAO, § 55 Abs. 3 Nr. 1 StBerG).
Mittelbare Beteiligungen
Anteile an Berufsausübungsgesellschaften dürfen auch nach der Neuregelung nicht für Rechnung Dritter gehalten werden. Dritte dürfen weiterhin nicht am Gewinn der Berufsausübungsgesellschaft beteiligt werden (§ 59i Abs. 3 BRAO, § 52i Abs. 3 PAO, § 55a Abs. 3 StBerG). Mittelbare Beteiligungen an Berufsausübungsgesellschaften bleiben damit ausgeschlossen.