1. Wirkung der Verjährung
Rz. 103
Nach § 214 Abs. 1 BGB hat die Verjährung eines Anspruchs die Wirkung, dass der Schuldner (z.B. ein haftpflichtiger Rechtsberater) berechtigt ist, die geschuldete Leistung zu verweigern. Die Verjährung ist eingetreten, wenn die Verjährungsfrist unter Berücksichtigung von Hemmungs- und/oder Unterbrechungszeiten abgelaufen ist.
Rz. 104
Im Rechtsstreit ist die Verjährung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede des Schuldners zu beachten, sodass gegen diesen ein Versäumnisurteil ergehen kann (§ 331 ZPO). Die Einrede kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen erhoben werden; eine im ersten Rechtszug erhobene Einrede ist – ohne Wiederholung – auch im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Sie kann auch im Berufungsverfahren erstmals erhoben werden, wenn die Umstände, die den Eintritt der Verjährung begründen, unstreitig sind. In der Revisionsinstanz kann die – auf tatsächlichem Gebiet liegende – Verjährungseinrede nicht mehr nachgeholt werden; dagegen kann die Einrede aber im Revisionsverfahren erhoben und berücksichtigt werden, wenn die Verjährung erst während dieses Verfahrens unstreitig eingetreten ist und schutzwürdige Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.
Rz. 105
Da der verjährte Anspruch nach wie vor besteht und erfüllbar ist, kann der Schuldner eine – freiwillig erbrachte – Leistung auf den verjährten Anspruch auch dann nicht zurückfordern, wenn diese in Unkenntnis der Verjährung bewirkt worden ist; ein vertragsmäßiges Anerkenntnis und eine Sicherheitsleistung des Schuldners stehen insoweit einer Leistung gleich (§ 214 Abs. 2 BGB). Dagegen steht dem Schuldner ein Rückforderungsanspruch zu, wenn wegen einer verjährten Forderung vollstreckt worden ist.
Rz. 106
Da der verjährte Anspruch weiter besteht, kann der Gläubiger damit noch aufrechnen, soweit die Aufrechnungslage noch in unverjährter Zeit gegeben war (§ 215 BGB). Das gilt entsprechend für ein Zurückbehaltungsrecht, das auf einen verjährten Anspruch gestützt wird, wenn die Verjährung noch nicht vollendet war, als der Anspruch des Gläubigers entstanden ist und erstmals die Leistung verweigert werden konnte (§ 215 BGB).
Rz. 107
Der Gläubiger darf sich grds. aus Sicherheiten für die verjährte, aber fortbestehende und erfüllbare Forderung befriedigen (§ 216 BGB).
2. Verjährung von Nebenleistungen (§ 217 BGB)
Rz. 108
Mit dem Hauptanspruch verjährt ein Anspruch auf die von ihm abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere Verjährung noch nicht eingetreten ist (§ 217 BGB). Ansprüche auf Nebenleistungen verjähren danach spätestens mit dem Hauptanspruch; verjährt ein Anspruch auf eine unselbstständige Nebenleistung früher als der Hauptanspruch, so bleibt es bei dieser Verjährung. § 217 BGB ist allerdings nicht anzuwenden, soweit der Anspruch auf die abhängige Nebenleistung vor der Verjährung des Hauptanspruchs eingeklagt worden ist.
Rz. 109
Nebenleistungen in diesem Sinne sind v.a. Zinsen, Kosten, Früchte, Nutzungen und Provisionen.
Ein vom Hauptanspruch abhängiger Anspruch auf eine Nebenleistung ist – zumindest in entsprechender Anwendung des § 217 BGB – der Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens (§ 280 Abs. 2, § 286 BGB), nicht aber ein Anspruch auf Ersatz eines – infolge Inanspruchnahme von Kredit entstandenen – Zinsschadens als selbstständiger Teil des hauptsächlichen Schadensersatzanspruchs.
Ein vom Hauptanspruch abhängiger Anspruch i.S.d. § 217 BGB ist auch derjenige auf Herausgabe eines Surrogats (§ 285 BGB), nicht aber ein Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB im Verhältnis zum Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch; ein Auskunftsanspruch, der grds. der Regelverjährung unterliegt, kann im Allgemeinen nach Verjährung des Hauptanspruchs nicht mehr geltend gemacht werden, wenn ein entsprechendes Informationsbedürfnis objektiv fehlt.