Rz. 111

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, nach denen der Gläubiger (z.B. ein geschädigter Mandant) der Verjährungseinrede des Schuldners (z.B. eines haftpflichtigen Rechtsberaters) den Arglisteinwand (§ 242 BGB) entgegenhalten kann, gelten auch unter dem neuen Verjährungsrecht fort. Allerdings wird der Anwendungsbereich dieses Einwands nunmehr eingeschränkt durch den Hemmungstatbestand der Verhandlungen (§ 203 BGB) und durch Vereinbarungen über die Verjährung (§ 202 BGB), siehe Rdn 112 ff.

Für den Arglisteinwand reicht es aus, dass der Schuldner durch sein Verhalten objektiv – sei es auch unabsichtlich – bewirkt, dass die Klage nicht rechtzeitig erhoben wird und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar wäre. Insoweit ist zwar ein strenger Maßstab anzulegen,[328] die Voraussetzungen sind aber erfüllt, wenn versehentlich und aufgrund eines Sachbearbeiterwechsels ggü. dem Mandanten der Anschein erweckt wird, dass ein Steuerbescheid nicht in Bestandskraft erwachsen ist, nachdem aber tatsächlich gegen diesen auftragswidrig nicht Einspruch eingelegt wurde.[329]

[328] BGH, 1.10.1987 – IX ZR 202/86, WM 1988, 127, 128; BGH, 29.2.1996 – IX ZR 180, 95, ZIP 1996, 791, 793; BGH, 20.1.2008 – IX ZR 145/06, n.v.
[329] BGH, 14.11.2013 – IX ZR 215/12, WM 2014, 854.

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