Dr. K. Jan Schiffer, Eberhard Rott
Rz. 24
In dem Maße, in dem sich die Stundenvergütung von Testamentsvollstreckern gerade bei anspruchsvollen Nachlassgestaltungen durchzusetzen beginnt, werden die Anforderungen an den Nachweis der geleisteten Tätigkeit des Testamentsvollstreckers unterschiedlich beurteilt. Auszugehen ist zunächst von dem Grundsatz, dass derjenige, der eine für sich positive Rechtsfolge geltend macht, für die hierfür erforderlichen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist. Dies bedeutet, dass der Testamentsvollstrecker im etwaigen Vergütungsprozess zunächst die Tatsachen darzulegen hat, aus denen sich die Angemessenheit der von ihm beanspruchten Vergütung ergibt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vergütung traditionell nach Tabellen ermittelt wird oder anhand des Zeitaufwandes des Testamentsvollstreckers. Im Rahmen einer Zeitvergütung hat der Testamentsvollstrecker die Angaben zu machen, die nötig sind, damit der Erbe und gegebenenfalls das Gericht die Angemessenheit der Vergütungsforderung überprüfen können.
Rz. 25
Wie umfassend die Angaben gemacht werden müssen, ergibt sich aus der Funktion der Stundenabrechnung. Eine wirkungsvolle Kontrollmöglichkeit durch den Erben setzt voraus, dass der Testamentsvollstrecker jede einzelne erbrachte Leistung zumindest in einer Kurzfassung so nachvollziehbar erfasst, dass sie einer Überprüfung überhaupt zugänglich sind. Bei Fertigung eines Schriftsatzes oder der Führung eines Telefonates gehört es beispielsweise dazu, dass sich aus der Zeiterfassung erkennen lässt, mit wem und aus welchem Grund der Testamentsvollstrecker kommuniziert hat. Schließlich müssen Erbe und Gericht gegebenenfalls auch kontrollieren können, ob der abgerechnete zeitliche Aufwand des Testamentsvollstreckers erforderlich oder zumindest vertretbar gewesen ist.
Rz. 26
Mit dieser Anforderung geht auch keine Überforderung des Testamentsvollstreckers einher. Zunächst einmal hat er die freie Wahl, ob er sein Amt überhaupt annimmt. Anschließend hat er die freie Wahl, ob er sich überhaupt auf eine Zeitvergütung einlassen möchte oder nicht stattdessen die herkömmliche Abrechnung nach Vergütungstabellen bevorzugt. Selbst wenn der Erblasser eine zeitbezogene Vergütung ausdrücklich angeordnet hat, hat er immer noch die Wahl, die Annahme seines Amtes von der Akzeptanz der Erben mit einer auszuhandelnden anderweitigen Vergütungsabrede abhängig zu machen. Sodann bietet die heutige Computertechnik völlig ausreichende Hilfsmittel, sich – selbst von Außenterminen aus – Verfahren zur Zeitvergütung zu bedienen, die die zeitliche Erfassung der einzelnen Tätigkeiten keineswegs übertrieben aufwändig erscheinen lassen. Rechtsanwälten und Steuerberatern stehen die ohnehin in ihrer EDV vorhandenen Zeiterfassungssysteme zur Verfügung. Aber auch anderen Berufsgruppen ist es ohne weiteres zumutbar, die Zeiterfassung mit einem handelsüblichen Kalkulationsprogramm durchzuführen. Eine weitere Selbstverständlichkeit sollte sein, dass die Zeiterfassung zeitnah geführt wird, wie es beispielsweise für ein Fahrtenbuch gefordert wird, um betrieblich von privat veranlassten Fahrten gegeneinander abzugrenzen. Auch erscheint es keine übertriebene Anforderung, die Zeittaktung nach Minuten zu bemessen.
Rz. 27
Eine andere Frage ist, ob eine nach Minuten getaktete Abrechnung angemessen ist. Die minutengenaue Abrechnung wirkt exakt. Ist sie das tatsächlich? Müsste man da nicht minutenweise "Ablenkungen" herausrechnen? Was sind dabei "Ablenkungen" – etwa beim Nachdenken? Können sie nicht zu dem gesuchten Gedanken führen? Usw. Eine berechtigte Frage ist auch, wie eine solche Abrechnung auf Erblasser und Erben wirkt. Man könnte hier von Kleinteiligkeit sprechen. Da gibt es ersichtlich einiges zu bedenken und zu diskutieren – generell und im konkreten Einzelfall.
Die in der Praxis gefundene Lösung, angefangene Viertelstunden als volle Viertelstunden abzurechnen, hat die Rechtsprechung letztlich abgelehnt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass (jedenfalls) die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, die berechtigen soll, für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, den Mandanten unangemessen benachteiligt; das sieht das Gericht jedenfalls so, wenn der Mandant ein "Verbraucher" sei. Damit hat das Gericht eine alte Streitfrage entschieden.
Rz. 28
Hat der Testamentsvollstrecker eine diesen Erfordernissen entsprechende Zeitabrechnung vorgelegt, so ist es anschließend Sache des Erben, substantiiert einzelne Abrechnungspositionen zu bestreiten. Hierzu wird er in der Praxis auch regelmäßig in der Lage sein, weil ihm nach Beendigung der Testamentsvollstreckung die Unterlagen aus der Nachlassabwicklung vollständig vorliegen.
Gleichzeitig beschränkt die Substantiierungspflicht den gerichtlichen Nachprüfungsaufwand. Gerichte sind durchaus in der Lage, mit Zeitabrechnungen sachgerecht umzugehen. Bei der Schweizerischen Willensvollstreckung, die gemäß Art. 517 Abs. 3 ZGB dem Willensvollstrecker (Testamentsvollst...