Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 46
Organ der Zwangsvollstreckung in Rechte ist nach den §§ 828 Abs. 1, 847 Abs. 1 und 857 Abs. 1 ZPO – grundsätzlich – das Vollstreckungsgericht. Vollstreckungsgericht und damit sachlich zuständig ist das Amtsgericht (§§ 828 Abs. 2, 764 ZPO). Die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts nimmt der Rechtspfleger als funktionell zuständige Person wahr (§ 20 Nr. 17 RPflG).
Rz. 47
Aber auch der Gerichtsvollzieher ist in einigen Fällen im Verfahren der Forderungsvollstreckung sachlich zuständiges Vollstreckungsorgan. So ist der Gerichtsvollzieher für die Wegnahme von Papieren (Briefhypothek, indossable Wertpapiere, §§ 830, 831 ZPO) zuständig und auch für die Wegnahme von Urkunden im Sinne des § 836 Abs. 3 S. 3 ZPO (sog. Hilfspfändung, vgl. auch § 106 GVGA).
Er ist weiterhin für die Wegnahme von Sachen zuständig, auf deren Herausgabe bzw. Verschaffung die gepfändete Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner gerichtet ist (§ 847 ZPO).
Im Rahmen der sog. Vorpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 5, 845 Abs. 1 S. 1 ZPO kann er auf den ausdrücklichen Antrag des Gläubigers die Benachrichtigung des Schuldners über die bevorstehende Pfändung (§ 845 Abs. 1 S. 2 ZPO) selbst anfertigen und anschließend zustellen. Damit wird er aber nicht zum Vollstreckungsorgan, sondern ist als Hilfsorgan des Vollstreckungsgerichts anzusehen.
Rz. 48
Die Forderungspfändung bei Vollziehung eines Arrestes kann auch durch das Arrestgericht (§ 930 Abs. 1, 3 ZPO) geschehen – das ist das Gericht, das den Arrest angeordnet hat (§ 919 ZPO). Insoweit wird funktionell der Richter anstelle des sonst zuständigen Rechtspflegers tätig. Die Verwertung, falls es überhaupt und ausnahmsweise bei der Anordnung des Arrestes dazu kommt, wird durch das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht vorgenommen (§ 930 Abs. 3 ZPO). Anders ist es bei der Pfändung von Forderungen und Rechten nach Erlass einer einstweiligen Verfügung. Insoweit bleibt es bei der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts des § 764 ZPO.
Rz. 49
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Vollstreckungsschuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 13–19 ZPO) hat, § 828 Abs. 2 Hs. 1 ZPO. Hat der Schuldner im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist nach § 828 Abs. 2 Hs. 2 ZPO das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Drittschuldner, d.h. der Schuldner des Schuldners seinen Sitz oder Wohnsitz hat, da dort der Ort des Vermögens im Inland ist, §§ 23 S. 2 i.V.m. 13, 17 ZPO, und, wenn für die Forderung eine Sache als Sicherheit haftet, wahlweise auch der Ort, wo sich die Sache befindet, § 23 S. 2 Hs. 2 ZPO. Soweit der Gläubiger zwischen mehreren Gerichtsständen die Wahl hatte, § 35 ZPO, ist eine Abgabe an ein anderes Gericht dann nicht mehr möglich, wenn er sein Wahlrecht mit der an das ausgewählte Gericht adressierten Antragsschrift ausgeübt hatte. Die (einmal) getroffene Wahl ist für das Verfahren endgültig und unwiderruflich.
Rz. 50
Diese Zuständigkeitsregelung gilt auch dann, wenn eine Partei kraft Amtes (Insolvenz-, Nachlass- oder Zwangsverwalter sowie Testamentsvollstrecker) Vollstreckungsschuldner ist. Maßgebend ist der Wohnsitz der Partei kraft Amtes, nicht z.B. der des Gemeinschuldners oder der Erben. Nach h.M. gilt das schließlich auch für den Nachlasspfleger. Sind nach dem zu vollstreckenden Titel mehrere Schuldner mit unterschiedlichen Gerichtsständen vorhanden, so muss bei der Vollstreckung gegen jeden der Schuldner das für diesen zuständige Amtsgericht angerufen werden. Steht die zu pfändende Forderung mehreren Schuldnern mit Wohnsitz in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken gemeinschaftlich (nach Bruchteilen oder auch zur gesamten Hand) zu, so ist das zuständige Vollstreckungsgericht auf Antrag von dem gemeinschaftlichen höheren Gericht gemäß § 36 Nr. 3 ZPO zu bestimmen. Nicht anderes gilt, wenn der Schuldner in mehreren Gerichtsbezirken einen Wohnsitz unterhält.
Rz. 51
Für die örtliche Zuständigkeit kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungsbeschlusses an. Wechselt also der Schuldner seinen Wohnsitz nach Antragstellung durch den Gläubiger, jedoch vor der Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht, ist der Antrag – wegen nun fehlender örtlicher Zuständigkeit – als unzulässig zurückzuweisen.
Rz. 52
Tipp
Diese Folge kann der Gläubiger durch einen Antrag auf Abgabe an das zuständige Vollstreckungsgericht nach § 828 Abs. 3 S. 1 ZPO vermeiden. Das unzuständige Gericht kann ohne Anhörung des Schuldners die Sache an das zuständige Gericht abgeben. Die Abgabe des Verfahrens an das zuständige Gericht ohne Anhörung des Schuldners beeinträchtigt diesen nicht, da der Gläubiger in dieser Phase alleiniger Herr des Verfahrens ist.
Rz. 53
Durch diese – für das Empfangsgericht nicht bindende – Abgabe (§ 828 Abs. 3 S. 2 ZPO) hat der Schuldner später auch weiterhin die Möglichkeit, die örtliche Zuständigkeit des Gerichts mit der Erinnerung nach § 766 ZPO zu rügen. Der Antrag auf Abgabe sollte, wenn sich der Gläubiger nicht sicher ist, ob das angerufe...