Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 1
Das Wesen der Zwangsvollstreckung aus Zahlungstiteln (Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen – Geldvollstreckung) besteht darin, dass mit Hilfe staatlichen Zwangs Vermögensbestandteile des Vollstreckungsschuldners durch Beschlagnahme (Pfändung) zugunsten des Vollstreckungsgläubigers gesichert und ihm – nachdem der Wertgegenstand, der nicht schon als Bargeld zugriffsfähig ist "zu Geld gemacht" wurde – dieses zum Ausgleich seiner Forderung gegen den Schuldner zugeführt werden.
Je nach der Art des Vermögensbestandteils, in den vollstreckt wird, ist der Weg hierzu verschieden. Sie kann erfolgen durch Zwangsvollstreckung in das
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bewegliche Vermögen (Mobiliarvollstreckung) und |
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unbewegliche Vermögen (Immobiliarvollstreckung). |
Rz. 2
Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Mobiliarvollstreckung) kann auf zwei Arten erfolgen:
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Sachen (körperliche Gegenstände) werden vom Gerichtsvollzieher beschlagnahmt, in Gewahrsam genommen und – in der Regel durch öffentliche Versteigerung – verwertet. Der Erlös fließt dann dem Vollstreckungsgläubiger zu (§§ 808–827 ZPO); |
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Forderungen und andere Rechte werden in der Regel durch einen Beschluss des Vollstreckungsgerichts gepfändet und dem Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung oder an Erfüllung statt überwiesen (§§ 829, 835 ZPO). Nachfolgend kann der Gläubiger die Forderung anstelle des Schuldners beim Drittschuldner einziehen oder ein sonstiges Vermögensrecht verwerten. |
Rz. 3
Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt also stets durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 S. 1 ZPO). Durch sie erwirbt der Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand, der Forderung oder dem Vermögensrecht des Schuldners (§ 804 Abs. 1 ZPO). Das Pfandrecht ist Grundlage der Verwertung des Pfandobjektes zur Befriedigung des Anspruchs des Gläubigers.
Rz. 4
Bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte fehlt häufig – im Gegensatz zur Zwangsvollstreckung in Sachen – eine äußerlich erkennbare Zugehörigkeit des gepfändeten Rechts zum Schuldnervermögen. Es geht hier deshalb im Wesentlichen darum, ein Verfahren zu organisieren, in dem der Übergang von Rechten des Schuldners auf den Gläubiger bewirkt werden kann. Denn dem Gläubiger soll es ermöglicht werden, die Leistungen zu erlangen, die der (Vollstreckungs-)Schuldner von seinen (Dritt-)Schuldnern verlangen kann. Zwangsläufig treten dabei Probleme des Abtretungsrechts auf: Um die Rechtsdurchsetzung des Gläubigers nicht zu gefährden, muss verhindert werden, dass der Drittschuldner mit befreiender Wirkung an den Schuldner leisten kann. Der Drittschuldner, der im Verhältnis des Gläubigers zu seinem Schuldner zunächst nur ein unbeteiligter Dritter ist, muss also aktiv in das Verfahren der Zwangsvollstreckung zwischen beiden mit einbezogen werden.
Rz. 5
Nach der Systematik des Gesetzes sind bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte folgende Bereiche zu unterscheiden:
Zwangsvollstreckung in
Rz. 6
Dabei gelten die §§ 828 und 851 ZPO für die Zwangsvollstreckung in alle Arten von Forderungen und sonstige Vermögensrechte. Die allgemeinen Regelungen für die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen werden in den §§ 850–850l ZPO und §§ 851a–852 ZPO durch Sonderregelungen für jeweils bestimmte Geldforderungen (z.B. Arbeits- und Diensteinkommen pp.) ergänzt. Hinzu kommen Regeln für die Pfändung von Ansprüchen auf Sozialleistungen (§ 54 SGB I) und die abgabenrechtliche Vollstreckung (§§ 309–321 AO).
Die nachfolgenden Ausführungen beinhalten den allgemeinen Teil des Forderungspfändungsrechtes, während in § 8 sodann die Pfändung spezieller Geldforderungen und sonstiger Vermögensrechte mit den dabei zu beachtenden Vermögensrechten abgehandelt werden.
I. Begriff der Geldforderung
1. Allgemeines
Rz. 7
Geldforderungen sind schuldrechtliche Ansprüche des Schuldners als Gläubiger gegen einen Dritten, die von Anfang an oder nach späterem Übergang auf Zahlung von Geld gerichtet sind. Sie können aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen stammen und auf Zahlung in in- oder ausländischer Währung gerichtet sein.
Abzugrenzen sind die Geldforderungen von den Geldstückschulden – es wird ein bestimmtes Geldstück (Münze) geschuldet – und der eigentlichen (oder echten) Geldsortenschuld (vgl. § 245 BGB) – es wird eine gewisse Anzahl (Menge) bestimmter Geldsorten (etwa zehn bestimmte Münzen) geschuldet. Bei beiden handelt es sich um Sachschulden, die – wenn der Schuldner des Gläubigers gegen den Drittschuldner einen entsprechenden Anspruch hat – ausschließlich nach den §§ 846 ff....