Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 346
Wird bei einem Geldinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, darf das Kreditinstitut dem Gläubiger pfändbares Guthaben nicht unmittelbar leisten oder den pfändbaren Betrag hinterlegen. Es sind vielmehr Wartezeiten zu beachten, die dem Schuldner die Möglichkeit geben sollen, Schutzanträge zu stellen oder ein herkömmliches Girokonto noch nach § 850k Abs. 7 ZPO in ein Pfändungsschutzkonto zu überführen
Rz. 347
Nachdem der Gesetzgeber die Reform mit dem "Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung", die Reform der Kontopfändung innerhalb weniger Monate zwei Mal geändert hat, ergibt sich nun ein dreistufiges Wartezeitsystem:
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Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst vier Wochen nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden, § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO. Diese Wartefrist gilt also ausdrücklich nur
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für Guthaben, welches bereits im Zeitpunkt der Pfändung vorhanden ist |
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für den Zeitraum von vier Wochen gerechnet ab der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner (§ 829 Abs. 3 ZPO). |
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Werden – wie regelmäßig – auch das künftige Guthaben und künftige Gutschriften auf dem Konto gepfändet, gilt also nach § 850k Abs. 3 S. 2 ZPO keine Wartefrist. Anders verhält es sich nach § 850k Abs. 3 S. 3 ZPO nur, wenn der Schuldner beantragt und das Vollstreckungsgericht angeordnet hat, dass erst vier Wochen nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf. HinweisFür einen solchen Antrag wird dem Schuldner aber regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dies wird ihm nur dann zuzubilligen sein, wenn sich in diesem Zeitraum der unpfändbare Betrag absehbar zu seinen Gunsten vergrößert, etwa weil er durch Heirat oder Geburt weiteren Personen gegenüber unterhaltspflichtig wird, § 850k Abs. 2 und Abs. 5 ZPO. |
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Mit der eingangs genannten und erst zum 16.4.2011 in Kraft getretenen Regelung des § 850k Abs. 4 ZPO hat der Gesetzgeber dann noch das Monatsanfangsproblem auf dem Pfändungsschutzkonto lösen wollen, ist dabei aber weit über das Ziel hinausgeschossen. Gemeint sind also die Fälle, in denen der Schuldner seinen unpfändbaren Freibetrag auf einem Pfändungsschutzkonto bereits ausgeschöpft hat und dann – meist am letzten Tag des Monats – Arbeitseinkommen oder Sozialleistungen eingehen, die dem Folgemonat zuzuordnen sind. Wird künftiges Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto im Sinne von § 850k Abs. 7 gepfändet und dem Gläubiger überwiesen, darf der Drittschuldner nach § 850k Abs. 4 ZPO erst nach Ablauf des nächsten auf die jeweilige Gutschrift von eingehenden Zahlungen folgenden Kalendermonats an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag des Gläubigers eine abweichende Anordnung treffen, wenn die Regelung unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Schuldners für den Gläubiger eine unzumutbare Härte verursacht. HinweisDurch die ergänzende Regelung in § 850k Abs. 1 S. 2 ZPO wird deutlich, dass damit auch eine Erweiterung des Pfändungsschutzes verbunden ist, weil der so in den Folgemonat überführte Betrag dort als pfändungsfreier Betrag verbraucht werden darf. |
Die Wartefristen nach § 835 Abs. 3 S. 2 und § 835 Abs. 4 ZPO gelten kraft Gesetzes, also auch dann, wenn es im Überweisungsbeschluss nicht erwähnt wurden. Leistet das Geldinstitut vorzeitig und wird dem Schuldner der Schutz des § 850k ZPO gewährt, so ist es dem Schuldner gegenüber, soweit die Pfändung aufgehoben wird, nicht frei geworden. Weiter allerdings reicht der Schutz der Vorschrift nicht.
Rz. 348
Gepfändetes Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto, das erst nach Ablauf des auf den Zahlungseingang folgenden Kalendermonats an den Gläubiger geleistet werden darf, kann, soweit der Schuldner hierüber in diesem Kalendermonat nicht verfügt und dabei seinen Pfändungsfreibetrag nicht ausschöpft, in den übernächsten Monat nach dem Zahlungseingang übertragen werden und erhöht dort den Pfändungsfreibetrag.